Originaltitel: LA DANSEUSE
F 2015, 111 min
FSK 12
Verleih: Prokino
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Soko, Gaspard Ulliel, Mélanie Thierry, Lily-Rose Depp, François Damiens
Regie: Stéphanie die Giusto
Kinostart: 03.11.16
Loïe Fuller war ein glamouröser Popstar der Belle Époque, obwohl sie ständig mit ihrem eigenen Selbstbild haderte. Sie revolutionierte den modernen Tanz, inspirierte Künstler, Dichter und Intelligenzija gleichermaßen, war aber vor allem ein willensstarker Freigeist. Heute ist sie nur einigen wenigen Kunsthistorikern ein Begriff. Diese Ungerechtigkeit der Geschichte konnte die Regiedebütantin Stéphanie di Giusto nicht stehenlassen und setzt der Tanzrevolutionärin ein bildgewaltiges Denkmal. Ähnlich kreativ getrieben wie ihre Hauptfigur, gelingt di Giusto das kleine Wunder, ein Biopic so lebensecht und doch gleichzeitig modern wirken zu lassen, daß man sich an keiner Stelle seinem Sog entziehen kann. Fuller, die von der charismatischen Sängerin und Schauspielerin Soko hingebungsvoll dargestellt wird, stieß mit ihrem Serpentinentanz immer wieder an die Grenzen ihres Körpers.
Lange Stäbe und riesige Stoffbahnen mußten von ihr nach einer präzisen Choreographie in hohem Tempo bewegt werden. Dazu kam eine Lichtshow, die die weiße Seide in atemberaubende blütenartige Wirbel und Wellen verwandelte, ihr aber regelmäßig die Augen verblitzte. Di Giusto mußte viel recherchieren, um diese Auftritte zu inszenieren, denn bis dato gab es keine Filmaufnahmen von Fullers Bühnenshows. Sie hatte streng darauf geachtet, das Geheimnis ihrer Lichtgestaltung und Kostümbilder zu bewahren. Immerhin waren sie ihr Kapital, denn Fuller war keine betörende Schönheit, die ihren Erfolg der natürlichen Grandezza einer Diva verdankte, sondern hartem körperlichen Training und einer unbändigen kreativen Passion.
Vielleicht ist ihre Figur deshalb so faszinierend, weil sie auf der großen Bühne gänzlich als Person zurücktrat, zur reinen Form und Bewegung wurde und damit ihre gespaltene Persönlichkeit in Kunst verwandelte. Stephanie die Giusto gibt ihr nun – zum Teil erfundene –Lebensbegleiter an die Seite, die von einem perfekt besetzten Schauspielerensemble verkörpert werden, unter anderem Lily-Rose Depp als die Tänzerin Isadora Duncan, Fullers große Liebe und bis heute größte Konkurrenz. Liegen beide auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise nur einen Steinwurf entfernt, so wirkt Isadoras Grab gepflegt, Loïes Grabstein hingegen wurde überwuchert.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...