Gerade haben wir das Fest der Liebe, Stille und des nach Innen gekehrten Sinnierens halbwegs anständig hinter uns gebracht und nun das. Der österreichische Regisseur und Autor Christian Frosch hat alles zusammengeklaubt, was Sekten, Esoterik und Selbstfindungshysterie im Innersten zusammenhält, um es gehörig durchzuschütteln und uns vor den Kopf zu hauen. Dabei fängt alles so harmlos an: Eva und Günther, Christian und Babsi, Johannes, Wolfgang, Annegien, Alexander und die auffällig stille Gabi fahren auf’s Land. Hier winkt nicht etwa die Sommerfrische, sondern eine therapeutische Behandlung durch den Psychoguru Dr. Roman Romero. Die Macken der Therapieteilnehmer sind offensichtlich oder zumindest erahnbar, und alle ergreifen die Gelegenheit, sich einmal richtig auszukotzen: Eheprobleme, miese Kindheit, Versagensängste - was Leute eben so umtreibt. Auch die Begleiterscheinungen sind altbekannt: Heulen, Schreien, Schlagen, Hecheln und dazwischen erschöpfte Freundlichkeiten.
Für dieses nervenzerreißende Vorspiel läßt sich Frosch unendlich viel Zeit. Die Kamera folgt fast dokumentierend den Aktionen der psychisch Entfesselten, wie aus einem Versteck heraus. Doch das Warten lohnt sich, denn die stille Gabi, die man wegen ihrer Zurückhaltung fast vergessen hätte, bringt sich brutal in Erinnerung und läßt das Geschehen ins Groteske kippen. Der Guru wird mit dem Messer aufgeschlitzt, eine Gruppe flüchtender Therapiekollegen stellt sie in der idyllischen Landschaft und gibt ihnen mit dem Gewehr den Rest. Währenddessen finden Eva und Günther wieder zueinander und stürzen vor lauter Seligkeit in einen tödlichen Abgrund.
So viel Spaß für wenig Geld! Kein teurer Spezialeffekt zerstört die herrlich klamaukige Blutorgie, keine Leiche tut, als wäre sie wirklich tot. Wen wundert’s, daß Schlingensief-Muse Sophie Rois als Gabis patente Schwester Hedwig in diesem Kasperletheater-Chaos zu darstellerischer Höchstform aufläuft.
D/Österreich 1998, 122 min
FSK 16
Verleih: Neue Visionen
Genre: Schräg, Trash, Komödie
Darsteller: Sophie Rois, Lars Rudolph, Walfriede Schmitt, Blixa Bargeld
Stab:
Regie: Christian Frosch
Drehbuch: Christian Frosch
Kinostart: 11.01.01
[ Sylvia Görke ]