Originaltitel: LA MEMORIA INFINITA

Chile 2023, 89 min
FSK 12
Verleih: Piffl

Genre: Dokumentation, Schicksal

Regie: Maite Alberdi

Kinostart: 04.01.24

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Die unendliche Erinnerung

... und was verlorengeht

Draußen ist es längst dunkel. Drinnen im Haus liegt ein Mann mit weißen Haaren im Bett und fragt die am Bettrand sitzende Frau: „Und wer bist Du?“ – „Ich bin Pauli“, sagt sie, „Pauli, deine Frau.“

Schon die Anfangsszene von DIE UNENDLICHE ERINNERUNG verbildlicht den Kern der Geschichte: Was ist, wenn die große Liebe ihr Gedächtnis verliert? Wenn das, was einen einmal verbunden hat, nämlich das Wissen um den Anderen und damit die Liebe, verlorengeht? Es ist ein unfaßbarer Vorgang – doch genau so ist es Paulina Urrutia und Augusto Gondora ergangen. Viele Jahre standen sie als prominentes Paar in Chiles Öffentlichkeit. Er, der Journalist, der die Verbrechen des Pinochets-Regimes dokumentierte und Bücher darüber schrieb, sie, die 17 Jahre jüngere Schauspielerin, die später – unter der ersten Regierung von Michelle Bachelet – Kulturministerin wurde. Ihre Liebe dauert rund 17 Jahre, dann wird bei Augusto Alzheimer diagnostiziert. Paulina wird von der Liebhaberin zur Pflegerin ihres Mannes und wagt den Schritt, in intimen Momenten eine Kamera aufzustellen. So wird der Zuschauer tief in die Privatsphäre des Paares hineingezogen.

Diese privaten, krisseligen und zum Teil unscharfen Videokamera-Aufnahmen verwebt die Regisseurin Maite Alberdi, eine preisgekrönte chilenische Dokumentarfilmerin, mit Archivbildern. Wir sehen nicht nur Augusto, den Reporter, der im Fernsehen über die Notwendigkeit des Erinnerns spricht, oder Paulina auf der Bühne, wir sehen auch Aufnahmen aus der Pinochet-Diktatur, die die Vergangenheit der Chilenen wieder ins Gedächtnis rufen. Auch deshalb wird der Film zu einem beeindruckenden Zeitdokument.

Die Regisseurin konzentriert sich allerdings ausschließlich auf die beiden Protagonisten. Weder Kinder, Verwandte noch Freunde kommen zu Wort. Der Fokus liegt auf der großen und berührenden Liebesgeschichte der beiden. Der Großteil des Films spielt in dem wunderschönen Haus, das die beiden zusammen gebaut haben. Sie machen gemeinsam Gymnastik, essen oder gehen spazieren. Schleichend verschlechtert sich Augustos Gesundheitszustand. Frust und Traurigkeit machen sich breit, am Ende sagt er: „Ich bin nicht mehr ich selbst.“ Paulina führt ihn behutsam zurück ins Haus.

[ Claudia Euen ]