Eine Wahrheit: Nichts ist langweiliger als ein Mann in der Midlife Crisis, nichts unmännlicher als ein Kerl im Dauermodus des Selbstmitleids. Wie dieser Mads etwa. Der ist 34 Jahre, schreibt Drehbücher für die erfolgreichste Krimiserie des Landes und hat, auch gemessen an seinem eigenen Aussehen, eine traumhaft schöne Frau, die Marie heißt. Passender Name in Anbetracht der Geduld und Sanftmut, mit der sie auf die weinerliche Egomanie ihres Geliebten reagiert. Nützt aber nichts. An Mads frißt die Sinnkrise. Und so trennt sich Mads, zieht aus dem hübschen Haus in eine häßliche Altbauwohnung, kündigt seinen Job und versucht sich am alten Traum vom Autor, der künstlerisch und inhaltlich wirklich was zu sagen hat.
Hat er aber nicht. Und um gleich noch eine Wahrheit nachzureichen: dieser Film auch nicht. Mads zuzusehen, wie er sich etwa in eine 19jährige verliebt, über Schreibblockaden laviert, von der 19jährigen wieder verlassen wird und dann durch viel Party, Sex und Alkohol taumelnd neue Liebe und tiefere Einsicht findet, mutet an wie eins dieser einfühlsam-humorvollen Dossiers über maskulines Seelenleben in niveauvollen Frauenzeitschriften. DIE WAHRHEIT ÜBER MÄNNER frönt also der Lebensnähe, bietet Amüsant-Besinnliches und gute Darsteller – und bleibt im Kern eben doch vor allem eins: Selbstfindungs-Suada eines ziemlich langweiligen Typen. Um noch einmal die Wahrheit zu sagen.
Die Dramen des Wohlstands, der wohlfeile Hunger der satten Saturierten, Sinnsuche des Gelangweilten – möglich, daß der Film einen Nerv trifft, ein, wie es so schön heißt, relevantes Thema unserer Zeit bebildert. Was ihn aber nicht hinaushebt über den Status eines Mittelstandsdramolettchen mit Heiterkeits-Anteil. Der Mann, der vor lauter Glück das Glück nicht erkennt. Der ambitionierte Autor, der an seiner Mittelmäßigkeit schwer zu kauen hat und der Mitwelt damit echt auf den Sack geht. So was wurde schon oft erzählt, mit Bravour etwa immer wieder mal von Woody Allen. Für die Liga nun fehlt der WAHRHEIT ÜBER MÄNNER aber einfach die intellektuelle Schärfe, gerade auch beim Humor. Hier waltet eher Therapie als Ironie.
Daß der Film zwei Jahre nach seiner Entstehung jetzt doch noch auf deutsche Leinwände gelangt, verdankt sich da wohl vor allem einem Umstand: dem internationalen Erfolg, den Regisseur Nikolaj Arcel kürzlich mit seinem Historiendrama DIE KÖNIGIN UND DER LEIBARZT verbuchen konnte.
Originaltitel: SANDHEDEN OM MÆND
DK 2010, 105 min
FSK 12
Verleih: Camino
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Thure Lindhardt, Tuva Novotny, Rosalinde Mynster
Regie: Nikolaj Arcel
Kinostart: 18.10.12
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.