D 2018, 90 min
FSK 0
Verleih: Polyband
Genre: Dokumentation, Natur
Regie: Jan Haft
Kinostart: 04.04.19
Im Kunstunterricht begegnet dem Schüler meist irgendwann „Das große Rasenstück“ von Albrecht Dürer. Das Besondere an diesem Aquarell ist, daß der Maler sich mit etwas so Profanem wie der Studie von Gräsern, Gänseblümchen und Löwenzahn auseinandersetzt, die zudem verblüht sind und auch von keinerlei interessantem Insekt bevölkert werden.
Auch Regisseur Jan Haft möchte dem Publikum dieses Stück Natur nahebringen. Und wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, in Dürers Stück Grün tiefer einzutauchen, länger zu warten, die Jahreszeiten zu erleben, dann hätten wir wahrscheinlich auch hier das Paradies entdeckt, von dem der Filmemacher spricht. Seine Herangehensweise ist jedenfalls Heimatkundeunterricht – aber auf die eloquente Art. Sebastian Winkler führt als Erzähler durch Trocken- und Feuchtwiesen, erklärt zu ästhetisch ansprechenden Zeitrafferaufnahmen das Wachsen und Vergehen von Pflanzen im Rhythmus des jährlichen Kreislaufes. Wir sehen Brachvogel, Kiebitz und Feldlerche beim Brüten zu, sind beim Jagen der Krabbenspinne dabei und können das Wachsen von Ragwurzen und Orchideen bewundern. Die ganze Schönheit, die Haft vor den Zuschauern entfaltet, ist aber stark bedroht: vom Menschen.
Nun taucht dieser nie persönlich auf der Leinwand auf, sondern immer nur in Vertretung durch Maschinen, die jedoch immer schneller und großflächiger mähen können. Es ist die Rentabilität, die der Blumenwiese an den Kragen geht. Sie lohnt sich für die Bauern nicht mehr. Deshalb wurde aus vielen Wiesen irgendwann Ackerland zur reinen Futtergewinnung. Doch mit der artenreichen Wiese verschwindet der Futterlieferant für unzählige Tierarten. Der Mensch, der die Wiese einst kultiviert hat, zügelte und beschnitt, muß sich auch bewußt entscheiden, ihre Vielfalt zu bewahren.
Haft klagt nicht an, beleuchtet vielmehr Hintergründe des Wiesensterbens und zeigt Wege auf, wie heimische Biodiversität machbar ist. Und wer die Wanstschrecke beobachtet, eine der dicksten Heuschrecken, die es in Deutschland gibt, dem Treiben der Schaumzikade zusieht oder den Wiesenknopf-Ameisenbläuling bewundert, versteht, daß auch ein auf den kurzen Blick weniger opulentes Paradies der Rettung bedarf.
Schön wäre es jedoch gewesen, wenn uns ein wenig mehr vergönnt gewesen wäre, den Wiesen und ihren Bewohnern zu lauschen, statt sie mit einem durchgehenden Musikteppich zu übertönen, der sich zu den feinsinnigen Wiesenbildern wie kurzgeschorener Rollrasen verhält.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...