Originaltitel: THE ELECTRICAL LIFE OF LOUIS WAIN
GB 2020, 111 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Claire Foy, Toby Jones, Andrea Riseborough
Regie: Will Sharpe
Kinostart: 21.04.22
Allein für diesen Satz muß man diesen wunderbaren Film über einen wunderbaren Kauz lieben. Ein Radiosprecher, der sich später als von Nick Cave gegeben erweist, sagt zu Beginn dieses anrührenden Biopics in aller gebotenen Überzeugung: „Katzen würden sich schämen, wenn sie nicht aussehen wie die von Louis Wain!“ Er attestierte dem genialischen, später am Wahnsinn kratzenden Illustrator nicht weniger, als die Welt „catier“ und uns Menschen glücklicher gemacht zu haben. Dem ist kaum zu widersprechen.
Dabei fing der Zeichner, Lehrer, Boxer, Erfinder und – auch das war er irgendwie – Opernkomponist mit größeren Tieren an, weswegen er die Landwirtschaftsschau Ende des 19. Jahrhunderts verdreckt und mit Blessuren verlassen wird: Ein anderthalb Tonnen schwerer Bulle nahm ihn auf die Hörner, Wain hat dafür die zu seinem naiven Wesen passende Erklärung, er wollte das Tier einfach aus größerer Nähe zeichnen. Nach dem Tod des Vaters hat Wain als einziger Sohn für Mutter und zahlreiche Schwestern zu sorgen, 9 to 5 paßt aber nicht zu dem zerstreuten Tausendsassa, er hat's eher mit Mopsbildern und elektrischen Patenten. Alles wird anders, als Emily Richardson Einzug in sein Leben hält, die Gouvernante seiner Schwester wird die Erste sein, die Wain an Romantik denken und seine Lenden zucken läßt. Da dies nicht standesgemäß ist, eine Nachbarin soll sich ob des unziemlichen Bundes gar übergeben haben, fliehen Louis und Emily aufs Land, Peter zieht dazu, ein kleiner Kater, der Wains künftiges OEuvre legendär prägen wird ...
Auch das kann Kino: Horizonte erweitern, uns Menschen vorstellen, von deren Genius wir bisher keine Notiz nahmen, die im besten Sinn spinnert-unkonventionell sind. Der Film verschränkt geschickt Wains Kindheitstraumata und große Verluste mit einer immensen Schaffenskraft, aus Leid und Trauer entsteht Bleibendes. Wain steht exemplarisch dafür, daß man Schmerz und Prägung kaum entfliehen, aber genau deswegen das Beste daraus machen kann.
Katzenfreunden wird das Herz aufgehen, Kunstinteressierten mit einer entsprechenden Offenheit ebenso, der mit Humor gespickte Film läßt einen tief in das Universum eines sympathischen Sonderlings eintauchen, dessen Gabe Wain, der übrigens gleichzeitig mit zwei Stiften zeichnete, im genauen Hinschauen erklärte. Hätte er auch unternehmerisch einen schärferen Blick gehabt, wäre es ihm gewiß besser ergangen. Aber wäre dann auch derart beglückende Kunst entstanden?
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.