Originaltitel: DIEGO MARADONA
GB 2019, 130 min
FSK 12
Verleih: DCM
Genre: Dokumentation, Biographie, Sport
Regie: Asif Kapadia
Kinostart: 05.09.19
Diego Maradona ist einer der besten Fußballer aller Zeiten. Der beste? Vielleicht. Aber überlassen wir derlei müßige Diskussionen jenen, die diesbezüglich Muse haben (und mehr Ahnung auch). Denn daß sich jetzt dem Leben der 1960 geborenen argentinischen Fußball-Legende eine Kinodokumentation widmet, legitimiert sich vor allem abseits sportlicher Aspekte.
Gut, einschlägige Fan-Zielgruppen dürften fraglos auf ihre Kosten kommen, dank der zahllosen Szenen, die Maradona in zahllosen Spielen zeigen. Zumal Regisseur Asif Kapadia dafür die Blickperspektive der allbekannten Fußballspiel- Übertragungsbilder oftmals verkleinert. Oder besser gesagt, technisch geschickt auf Maradona fokussiert. Dem Meister näher auf den Leib rückt die Kamera und läßt dabei das Spielumfeld samt Mit- und Gegenspielern gleich Teilchen im Teilchenbeschleuniger wirken, die allesamt um diesen Kraftkern kreisen. Und sieht man auf diese Art etwa noch einmal Aufnahmen des legendären 1986er-WM-Viertelfinalspiels Argentinien gegen England, bei dem erst die berühmt-berüchtigte „Hand Gottes“ zum Einsatz kommt und späterhin ein wie mit dem Ball verwachsener Maradona im Dribbel-Alleingang zum 2:1-Sieg stürmt, läßt das selbst einen Fußballignoranten nicht kalt.
Aber auch derlei Glanzstücke täuschen nicht darüber hinweg, daß Fußball ein im Grunde dürftiges Kinosujet ist. Ganz im Gegensatz zu einem Typen wie Maradona: Aufgewachsen in einem Elendsviertel in Buenos Aires, erfüllen sich dem dank seiner Leidenschaft und Begabung alle Träume – und alle Alpträume auch. Denn was Kapadia in seinem Film dokumentiert, ist vor allem auch der Verlust einer Unschuld, ist der Wahnwitz, der aus einem Mannschaftsspiel ein Millionengeschäft macht. Und die Ambivalenz eines Charakters, der in diesem Wahnwitz, den er selbst mit befeuert, aufgerieben wird.
Koks, Doping, „freundschaftliche“ Kontakte zur Camorra und eine zunehmende Exzentrik auch aus Notwehr gegen die aufdringlichen Zumutungen hysterischer Fans – es ist der tiefe Fall nach dem Höhenflug. Und am Ende der Geschichte ein Maradona, dessen 1,65 Meter Körperhöhe inzwischen gleichsam in die Breite expandierten. Die lächerlich kuglige Karikatur eines Fußballgottes. Und doch, wie schonungslos Maradona sich in diesem Film von der Tonspur aus selbst in all seinen Verwerfungen betrachtet und kommentiert, läßt immer noch etwas von der Eigenwilligkeit dieses Mannes ahnen, dessen Charakter und Leben in der Tat „kinoreif“ sind.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.