Daniele von Arb ist 16 Jahre alt, als er mit seinen Freunden Peter Egloff und Urs Städeli eine revolutionäre Zelle in Zürich-Altstetten gründet, Armeedepots ausräumt und Kontakte zur IRA sucht, um die Genossen mit Handgranaten zu versorgen. Das anfänglich naiv, geradezu kindlich anmutende Engagement der Gruppe nimmt mit der Ausweitung ihrer Aktivitäten unvermutet historische Dimensionen an. Zum spanischen Moviemento Iberico de Liberacion, zur italienischen Brigate Rosse, der deutschen RAF und der Palästinensischen Befreiungsfront unterhalten die Drei Kontakte, suchen die Vernetzung der Untergrundbewegungen voranzutreiben. 1975 fliegt die Gruppe auf, von Arb, inzwischen als Schweizer Top-Terrorist gehandelt, wird zu fünfeinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.
Fast 30 Jahre später, der einstige Revoluzzer hat sich inzwischen der Esoterik zugewandt und führt eine Praxis für mediale Zukunfts- und Lebensberatung, entsteht ein Film, der als Schweizer Antwort auf Black Box BRD auch für deutsche Zuschauer interessant sein sollte. Sabine Gisiger und Marcel Zwingli, Co-Autor und einstiger Schulfreund von Arbs, ist es in ihrem Film gelungen, die Radikalisierung nach 1968 mit ironischer Distanz zu betrachten, ohne dabei den Protagonisten und ihren (einstigen) Idealen diffamierend zu begegnen. Sie sind nahe an den Menschen, der Zeit und den Orten des Geschehens. Die epische Dimension des Films, die Geschichte von Arbs 1970-1989, wird durch eine erklärende Rückschau ergänzt. Umfangreiche private Film-, Bild- und Schriftdokumente - darunter Super-8-Aufnahmen der Gruppe - sowie dokumentarisches Material aus europäischen Archiven finden Verwendung. Musik-, Montage- und Tonarbeit zeugen vom klugen und sorgsamen Umgang mit der Materie.
Gisiger und Zwinglis Geschichte von einem der auszog, um Ungerechtigkeit und Unterdrückung aus der Welt zu schaffen und dabei in die Mühlen der internationalen Justiz gerät, ist symptomatisch für das Leben im europäischen Westen der zweiten Jahrhunderthälfte. Auch wenn die Gespräche mit dem zahmen Aufrührer von Selbstironie zeugen und der Zuschauer sich seinem Lachen schwer entziehen kann, bleibt ein ambivalentes Gefühl - befreiend ist dieses Lachen nicht.
Originaltitel: DO IT
CH 2000, 97 min
Verleih: Kool
Genre: Dokumentation, Polit, Biographie
Darsteller: Daniele von Arb, Urs Städeli, Raymond Birgin
Regie: Sabine Gisiger, Marcel Zwingli
Kinostart: 23.05.02
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.