Originaltitel: KNOCK
F 2017, 113 min
FSK 6
Verleih: Wild Bunch
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Omar Sy, Ana Girardot, Alex Lutz, Sabine Azéma, Pascal Elbé
Regie: Lorraine Lévy
Kinostart: 22.02.18
Ja, die Wahrnehmung. Mancher Filmstar kaut daran, auf eine bestimmte Rolle festgelegt zu werden, andere beziehen eine solche unterhaltssichernde Nische liebend gern. Zu welcher Kategorie Omar Sy zählt, dürfte klar sein. Und darum raten Sie jetzt bitte (genau ein Versuch!), wen Sy im hiesigen neuen Werk darstellt.
Korrekt: das moralisch vielleicht nicht rundum integre, jedoch schwer sympathische Schlitzohr, den kumpelmäßigen Filou. Hier aus Abwechslungsgründen als selbsternannter und autodidaktischer Arzt, vorher Spielschuldner auf der Flucht vor brutalen Gläubigern. Selbige führte zur sonst nicht besetzbaren Position eines Schiffsdoktors sowie ersten über den Tisch gezogenen Patienten, später folgten Studium und die Niederlassung am Rande der Welt. Im verschlafenen Städtchen Saint-Mathieu wohnen indes bedauerlicherweise meistenteils kerngesunde Bürger, an deren robuster Konstitution sich nix verdienen läßt. Also mit dem örtlichen Apotheker, dessen Gattin vom teuren Kopfschmuck träumt, fix ein Komplott geschmiedet und der Bevölkerung allerlei Gebrechen eingeredet! Perfekter Plan, aber die Vergangenheit wirft Schatten, und außerdem erregt die schüchterne Schönheit Adèle neben allgemeiner Aufmerksamkeit sehr spezielle Gefühle im heilenden Manne.
So weit, so nett gedacht. Wie es sich für einen derartigen nostalgischen Trip (50er!) faktisch gehört, labt mit besonders dickem Pinsel aufgetragenes Lokalkolorit das Auge, überdeckt in Zweitfunktion gar einige Schwächen, stimmt nachsichtig. Zumindest eine ganze Weile lang, bis schließlich der Punkt kommt, wo sich hübsches Interieur oder prächtige Landschaften weggeguckt haben, den Blick darauf freigeben, was dahinter verborgen liegt. Namentlich hohe Alltäglichkeit, leider wenig im Sinne universellen Nah-am-Leben-Erzählens, sondern als fehlende Zuspitzung komödiantischer Art. Knock lächelt viel, rettet zwischendrin mal einen Hund, was Adèle doll freut und rosig glühende Wangen beschert. Dazu reißt sich erwähnte Apothekersfrau symptomfrei die Klamottage vom aufgegeilten Leib, erntet anschließend immerhin eine echt gelungene Antwort auf die Frage: „Wie finden Sie meine Brüste?“
Recht einsames Highlight inmitten großen Geplätschers. Da reißt auch eine plötzlich plump reingepreßte, daher rumpelnde tragische Wendung kaum noch was raus, zumal sie Sy deutlich an seine mimischen Grenzen bringt.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...