Originaltitel: DON’T WORRY, HE WON’T GET FAR ON FOOT
USA 2017, 115 min
FSK 12
Verleih: NFP
Genre: Biographie, Tragikomödie
Darsteller: Joaquin Phoenix, Jonah Hill, Rooney Mara, Jack Black, Beth Ditto
Regie: Gus Van Sant
Kinostart: 16.08.18
Babies verstörende Nonnen, patrouillierende Lesben, überteuerte Kaffeeketten im Hintern, Ku-Klux-Klan-Anhänger mit Neigung zum kuscheligen Laken: John Callahans Cartoons lösten nicht allseits Begeisterungsstürme aus. Gus Van Sant fand’s jedoch offensichtlich toll und widmete dem 2010 verstorbenen Künstler ein Biopic. Inklusive vieler Stärken genauso wie seiner mittlerweile wohl üblichen Regie-Schwächen.
Die lässig zwischen den Zeiten springende narrative (Nicht-)Struktur gehört zum Guten, Stringenz hätte Callahans Charakter wenig geschmeichelt – der knarzige Typ blieb selbst chaotischer Freigeist, nachdem ihn ein Unfall an den Rollstuhl fesselte. Wie ein Arzt jene Botschaft überbringt, zeugt von größter Empathie: „Sie werden vermutlich für immer gelähmt sein. Aber draußen ist ein schöner Sonnenaufgang!“ Hier juckte Van Sant verständlich der Fuß, er versenkt ihn nur zukünftig bei weitem nicht häufig genug in diversen Ärschen, denen das zum Vorteil gereichen könnte. Callahans eingeschlossen; das süchtige, grenzobsessiv die unbekannte Mutter suchende, sich schließlich den Anonymen Alkoholikern zuwendende Menschenwrack neigt definitiv zum Egomanischen.
Was Joaquin Phoenix zum Master einer beeindruckenden darstellerischen Show ernennt, Udo Kier ein schreckliches Toupet und Beth Ditto ein starkes Schauspieldebüt spendiert, wohingegen Jack Black lediglich die bekannte Routine runtermimt. Zwei Kurswechsel sind außerdem zu erwähnen: Während Danny Elfman dem Orchester zumindest teilweise schmissiges Saxophon und intimes Klavier vorzieht, darf Jonah Hill endlich mal aus dem Lustiges-Dickerchen-Korsett schlüpfen, eine komplexere Figur mimen. Und im heißen Höschen durch die Nobelbude shaken …
Zwar schwächt Van Sant Callahans fiesen Witz für massenkompatible Konvention insgesamt deutlich ab, trotzdem bleibt eine gewisse fiese Realismusneigung ahnbar – und verdammt Rooney Maras Figur der großgefühlig salbadernden Freundin im Extrem-Motivations-Modus zwangsweise zum blassen Fremdkörper-Dasein. Zumindest, bevor Van Sants Erbauungskeule kreiselt. Dann dient die korrekte Erkenntnis, daß man unablässig, jeden Tag, ruhelose eigene Dämonen bekämpfen muß, als Ansporn, um dem wehrlosen Publikum auf den letzten Minuten eine nervige Erlösungsstory voller klebrigen Vergebungsgedöns’ reinzuwürgen. Bis zum Anschlag.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...