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Drei Etagen

Eleganz, Schönheit und Blessuren

Das ist mal eine klare Ansage, besser, eine Absage! Der israelische Schriftsteller Eshkol Nevo gibt dem italienischen Regisseur Nanni Moretti zwar den Segen, seinen Roman „Über uns“ verfilmen zu dürfen, macht aber zur Bedingung, daß er sich um nichts kümmern müsse, noch nicht einmal Beteiligung wünsche – nicht bei Drehbuch oder Besetzung, nicht beim Schneiden. Nur den fertigen Film würde Nevo sehen wollen, im Dunklen sitzen und bewegter Dinge harren.

Und hier bewegt sich gleich am Beginn sehr Heftiges. Ein rasendes Auto, dumpf der Knall, ein Mensch fliegt über die Motorhaube, der Wagen kommt hinter den Glasziegeln eines römischen Parterres zum Stehen. Eine schwangere Frau ist Zeugin des Unfalls, im Haus gehen die Lichter an, kommen Menschen an Fenster oder laufen auf die Straße. Bald haben sie Namen und werden auf kaum seltsame, manchmal tragische, keinesfalls zufällige Weise miteinander vernetzt. Sie kennen sich, wohnen auf drei Etagen, heißen Lucio und Sara, Francesca und Monica, Dora und Vittorio, Andrea. Und Charlotte kommt zu Besuch.

Wenn der große Moretti zum ersten Mal das Wagnis einer literarischen Adaption eingeht, muß die Vorlage etwas mit seinen Ur-Themen zu tun haben. Mit Familie also, mit Zwängen, Risiken, Freuden und Verwerfungen, mit Schuld und Vergebung. Der Regisseur und Darsteller hat sich die Freiheit genommen, schwer in Nevos Buch einzugreifen. Mit aller Eleganza, hey, es ist Moretti! Mit Bellezza im Team und einer episodischen Struktur, die zwei Zeitsprüngen von jeweils fünf Jahren standhalten muß. Allerdings auch mit Blessuren, denn die große Homogenität wird sich weder im Ensemble noch in der figürlichen Charakterzeichnung einstellen.

Andrea hat die Frau totgefahren, der Bruch mit dem Vater, einem Richter, der ihn nach kleineren Vergehen schon mit acht Jahren zur Selbstverteidigung drängte, wird nicht mehr aufzuhalten sein. Monica bekommt ihr erstes Kind, während ihr Mann auswärts arbeitet. Die Einsamkeit wird ihr die Sinne verdrehen. Lucio versteigt sich in üble Verdächtigungen gegenüber dem leicht dementen Nachbarn, er hätte sich an seiner Tochter vergriffen. Dafür erliegt Lucio dessen kesser Enkelin.

Was hier nur in knackiger Kürze beschrieben werden soll, wächst in DREI ETAGEN vor allem in die Breite. Der wunderbaren Margherita Buy gehört der Stamm, verkümmerte Äste aber gibt es eben auch.

[ Andreas Körner ]