Originaltitel: DRIVE-AWAY DOLLS
USA 2023, 84 min
FSK 16
Verleih: Universal
Genre: Roadmovie, Thriller, Schwul-Lesbisch
Darsteller: Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Pedro Pascal, Matt Damon
Regie: Ethan Coen
Kinostart: 07.03.24
Ein wenig besorgt ist man ja inzwischen schon. Der letzte gemeinsame Film von Joel und Ethan Coen ist THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS (ein Meisterstück, natürlich) und liegt über fünf Jahre zurück. Nun ist es ja okay, wenn man es auch mal ruhiger angeht mit der Arbeit. Allerdings – und hier kommt der Grund für die Sorge – hat Joel Coen 2021 mit seiner MACBETH-Adaption erstmals ganz ohne Bruder Ethan ein Werk auf die Leinwand gebracht. So, wie jetzt mit DRIVE-AWAY DOLLS der Ethan ohne den Joel einen Film gemacht hat. Was erst einmal nicht schlimm ist. Aber leider auch nicht richtig gut. Wenigstens nicht dann, wenn man es an den hohen Erwartungen mißt, die man ja haben darf, wenn man einen Coen-Film anschaut; selbst wenn es, wie jetzt DRIVE-AWAY DOLLS, quasi nur ein halber Coen-Film ist.
Sie sind jung, sie sind lesbisch und ansonsten grundverschieden – und doch begeben sich die exaltierte Jamie und die introvertierte Marian auf einen gemeinsamen Roadtrip. Mal den Kopf und das jeweils in einer Sackgasse verkantete Leben wieder freikriegen, ist dabei das eine Ziel. Das andere, etwas profanere, ist Tallahassee/Florida. Auf ihrem Weg dorthin entdecken Jamie und Marian aber bald nicht nur seltsames Reisegepäck im Kofferraum ihres Leihwagens (einen echten männlichen Kopf, nicht ganz so echte männliche Geschlechtsteile), sondern haben auch üble Schurken an der Backe, die auf besagtes Gepäck scharf sind. Aus wiederum recht bizarren Gründen.
Es ist ja nun nicht so, daß DRIVE-AWAY DOLLS keine gelungenen Momente hat. Allein der Story-Inhalt mag das ahnen lassen. Indes: Die Betonung liegt auf „Momente.“ Denn tatsächlich tuckert der Film meistenteils wie mit halber Kraft vor sich hin. Und wirkt dabei so, als hätte statt einem Coen eher ein noch nicht ganz so stilsicherer Coen-Film-Fan einen Film im typischen Coen-Film-Stil drehen wollen.
Diesem Stil, der ja einer Weltsicht Form gibt, die das Tragikomische menschlicher Existenz in einem versierten Balanceakt zwischen eben Tragik und Komik austariert. Und das auf unvergleichliche Art. Anders und sehr vereinfacht gesagt: Wo im fraglos formidablen MACBETH Humor fehlt, fehlt im soliden DRIVE-AWAY GIRLS die Prise Tragik. Und so bleibt zu hoffen, daß Joel und Ethan Coen nur eine Kreativpause voneinander machen – und diese möglichst bald beenden.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.