D 2021, 89 min
FSK 12
Verleih: Filmperlen
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Dagmar Manzel, Rolf Lassgård, Anna Blomeier, Wolfram Koch
Regie: Wendla Nölle
Kinostart: 09.06.22
Der Chefredakteur schrieb, ob Gelegenheit sei für den neuen Film mit „La Manzel.“ À la bonne heure! „La Manzel“ hieße die große Spielerin nur beim französischen Nachbarn und zwar zu Recht. Hier im Land ist ein neues Stück mit ihr, gleich ob auf Bühne oder Leinwand, zumindest ein großes Versprechen.
Im gleichnamigen Spielfilmdebüt von Wendla Nölle ist Dagmar Manzel an der Seite des nicht minder verehrten Schweden Rolf Lassgård zu sehen, und, was besonders schön ist, Lassgård darf auch Schwede sein, denn Manzels Juditha hat ihren Erik als solchen geheiratet, mit ihm eine Tochter bekommen, die nun in ihren 30ern selbst ein Kind erwartet. Die wechselnde Sprache ist eine feine Nuance in diesem Film, eine wichtige dazu. Was bald weh tut, ist die Tatsache, daß Juditha und Erik die Sprache ihrer langen und spürbar guten Ehezeit mehr und mehr verlieren.
Erik ist nun doch Pensionär geworden. Die Universität läßt ihren beliebten Professor gehen, aber sie läßt ihn nicht los. Juditha hat wohl so etwas befürchtet, aber sie lächelt es noch weg. Beide hatten Pläne. Reisen, im Haus sein, den Garten leben. Umgehen mit Judithas schon lang diagnostizierter Multipler Sklerose, umgehen mit sich. Als EIN GROSSES VERSPRECHEN beginnt, geht Juditha schon am Stock, doch sie geht, auch im übertragenen Sinne, selbstbestimmt. Der Stock hat vorn eine Zwinge dran, die läßt sie Teller greifen, Tassen, Post. Juditha hat Übung darin und Freude an der Vogelbeobachtung. Futter für die Tiere darf Erik beim Einkauf nicht vergessen.
Es liegt Angenehmes und Zugewandtes in der Luft des Paares. Zartes Frotzeln auch, Berührungen. Liebe eben. Und doch beginnt es zu gären. Als sich Judithas Zustand stetig verschlimmert und Erik sich im neuen Zustand gewonnener Stunden erst finden muß, stichelt eine fremde Nadel in diese stabile Beziehung. Da wird schon die Aussicht auf eine Haushaltshilfe für Juditha zum Übergriff. Aus den Gelben Seiten mit Adressen von Pflegekräften faltet sie Kraniche, poltert mehr mit dem Rollstuhl, als daß sie fährt, und den neuen „BMW“ will sie schon gar nicht. „Willst’n Kaffee?“ wird zum rituellen Spruch, Erik bekommt Panikattacken, die Ohnmacht drängt in Szenen dieser Ehe.
Ein extrem dichter, faszinierend fotografierter und freilich gespielter Film über Glaube, Liebe, Hoffnung im Privaten. Schmerzlich und dann auch tröstlich. Über Ecken.
[ Andreas Körner ]