Originaltitel: A HOLOGRAM FOR THE KING
USA/D 2016, 98 min
FSK 6
Verleih: X Verleih
Genre: Literaturverfilmung, Drama
Darsteller: Tom Hanks, Sarita Choudhury, Ben Whishaw, Tom Skerritt, Alexander Black
Regie: Tom Tykwer
Kinostart: 28.04.16
„Uns braucht man nicht alle Tage“, lautet das Motto, das Dave Eggers seinem Roman „A Hologram For The King“ voranstellte. So ein Beckett-Zitat macht immer einen schlanken Fuß. Hier aber hat es sogar Sinn, geht es doch um eine absurd-komische Ausmusterung von metaphorischer Weit- und Weltläufigkeit, die einen Mann mittleren Alters und mittlerer Begabung mit der Überflüssigkeit seines Seins und Tuns konfrontiert. Wie aber bringt man den Anspielungskosmos, der da mitschwingt, all die Sprachbilder auf ein globalisiertes Wirtschaften, das seine Produkte mitsamt ihren Produzenten ins Virtuelle outsourcet, in adäquater Form auf die Leinwand? Kaum, wie Tom Tykwers Adaptionsversuch zeigt.
Hier wie dort ist der US-amerikanische Consultant Alan Clay Mittelpunkt der Geschichte. Eine Scheidung liegt hinter ihm. Ein Total-Bankrott, der sich, vielleicht, durch diesen Auftrag in Saudi-Arabien abwenden ließe, steht bevor. Und ein Geschwür im Nacken, Sinnbild auf das Zu-viel-Sein in der Welt, macht dem Mann zu schaffen. Es gilt, ein holographisches Kommunikationssystem zu verkaufen: an den stets abwesenden saudischen König, in eine Mega-Stadt, die noch Bauruine ist, an ominöse Ansprechpartner, die nie zu sprechen sind, und ohne ausreichendes W-LAN-Signal. Doch auch Alan verpeilt seine Business-Termine regelmäßig. Weil er nachts im Hotelzimmer an seiner Wucherung herumdoktert, weil ihm die dringend aufgesuchte arabische Ärztin nicht mehr aus dem Kopf geht, und weil sein gewitzter Fahrer Yousef ihn auf Um- und Abwege ins saudische Hinterland führt.
Eggers’ ausgefeilter Selbsterkenntnistrip eines Amerikaners in der Wüste gerät in Tykwers filmischer Umsetzung zur wüsten Skizze – nach CLOUD ATLAS erneut unter prominenter Mitwirkung von Tom Hanks, der mit dem deutschen Regisseur seine Liebe zum Independent-Kino auszuleben scheint. Kammerspielartige Phantasmagorien wechseln sich ab mit panoramischen Landschaftsüberblicken, auf flotte Videoclip-Ästhetik folgt visuelle Behäbigkeit. Jeder lichten Einsicht in die komplexen Motive der Vorlage stehen gedankliche Trödeleien gegenüber, in denen wohl die Buchstaben des Romans, nicht aber dessen analytische Treffsicherheit nachvollzogen werden. Für diese stilistische Skrupellosigkeit ist Tykwer seit LOLA RENNT berühmt. Dafür, daß er sich damit gelegentlich selbst auf den Füßen steht, auch.
[ Sylvia Görke ]