Originaltitel: A MAN CALLED OTTO
USA/S 2022, 127 min
FSK 12
Verleih: Sony
Genre: Tragikomödie, Literaturverfilmung
Darsteller: Tom Hanks, Mariana Treviño, Rachel Keller, Truman Hanks
Regie: Marc Forster
Kinostart: 02.02.23
Woher kommt bloß diese generelle Mißgunst Remakes betreffend?! Die Dinger sind per se Mist, Stempel drauf, aus. Wenn sich dann noch Hollywood dran versucht, müssen sie selbstredend völlig verkitscht und unakzeptabel triefig sein. Zwei quasi automatisiert ablaufende Beurteilungsvorgänge im Kritikerhirn. So bereits auch hier, nur eben vorschnelle Pauschalisierung.
Eher korrekt: EIN MANN NAMENS OTTO und EIN MANN NAMENS OVE verarbeiten Fredrik Backmans Roman, ohne dessen Komplexität zu erreichen, wodurch der Sinn beider Adaptionen in Frage stehen dürfte. Übereinstimmend macht ein starker Hauptdarsteller brave Optik und kaum originell gebaute Rückblenden-Inszenierung vergessen. Und um gleich mal die Kitschfrage zu klären, fangen wir beim Ende an: Unbestritten nimmt sich OTTO-Regisseur Marc Forster da viel mehr (berührende!) Zeit, braucht jedoch im Gegensatz zum Original keine ausgenudelte Zeitlupe oder gefühlt 100 Statisten. Intimität statt Effekt. Vorteil Otto.
Forster hält sich eh ungewohnt zurück, spielt zunächst überraschend piano auf der Gefühlsklaviatur. Ihm genügt Ottos kurz in eine leere Betthälfte greifende Hand, bevor es später deutlicher weitergeht, selten allerdings richtig forte tönt. Was sich klar Tom Hanks verdankt, unserem ewigen Good Guy, der zu grimmig runtergezogenen Mundwinkeln immer traurige Augen kombiniert, der Figur in Teilen ihre Garstigkeit nimmt, Anziehungskraft schenkt. Wie er im Baumarkt wegen Kleinstbeträgen feilscht, verbissen die Durchfahrt-verboten-Straße verteidigt oder vor der geplanten Erhängung den Boden sorgsam abdeckt, hat nichts von nerviger Pedanterie. Otto möchte schlicht beruhigende Ordnung, Gattin Sonya war sein Lebenskompaß, seine Insel; der Krebs ließ sie untergehen. Otto will folgen, das Schicksal plant abweichend, läßt neue Nachbarn einziehen, gerade Marisol – quirlig, zuckersüß, trotzdem tough – weckt Otto langsam aus todesschlafnaher Müdigkeit.
Während Hanks’ Darstellung als Seele des Ganzen fungiert, steuert Mariana „Marisol“ Treviño den wilden, energetischen, funkensprühenden Schrittmacher für Ottos Herz bei. Das hat Forsters Sensibilität vorher multipel gebrochen: Er weiß, daß jedem Beginn ein vorbestimmtes Ende innewohnt, sich der Preis zwischenmenschlicher Verbundenheit proportional zur Tiefe erhöht. Und transportiert es mit Timing-Gespür, fast nie unnötig ausgewalzten Szenen, gescheiten Nahaufnahmen. Man könnte es filmgewordene Humanität nennen.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...