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Ein neuer Tag im Paradies

Wüstes, aber brillantes Drogenepos von KIDS-Regisseur

Bobby und Rosie ziehen sich so ziemlich alles durch die Nase, vögeln, hängen ab und halten sich mit kleinkriminellen Aktionen über Wasser. Bald lernen sie Mel und seine heroinabhängige Freundin Sid kennen. Sie gehen gemeinsam ertragreicheren Geschäften nach. Bobby und Rosie, beide von ihren gewalttätigen Familien ausgerissen, spüren bei Mel und Sid seit Ewigkeiten mal wieder so etwas wie elterliche Zuneigung. Schon bald wird der große Coup geplant, der allen Beteiligten das Leben versüßen soll. Einem Speed-Dealer wird der Drogenbestand abgeluchst, um ihn gewinnbringend zu verscherbeln. Das endet in einer wüsten Schießerei, bei der einzig Sid mit ihrer Pumpgun die Kontrolle behält. Jetzt sind die Junkies auf der Flucht.

Sie nisten sich auf einer Farm ein und es kommt so etwas Ruhe in ihr Leben. Nur Mel kann es nicht verknusen, beim großen Ding versagt zu haben und setzt mit neuen Plänen vor allem Bobby unter Druck.

Ein Juwelengeschäft ist im Visier. Der Ausgang dieses Bruchs ist fatal...

Es ist schon heftig, was einem KIDS-Regisseur Larry Clark um die Ohren knallt. Aber es ist gut. Intensiveres Kino ist selten zu erleben. Ihm gelingt es, das wüste, fragile Zusammenleben der Außenseiter glaubwürdig, ohne den gern inszenierten Drogen-Schick zu porträtieren.

Sie sind allesamt Wracks, zwischen Skrupellosigkeit und Herzenswärme, zwischen Gewalt und der verzweifelten Sucht nach Harmonie. Würde und Ehrgefühl werden vom Drogengehalt in der Blutbahn bestimmt. Und dennoch, und dafür sollte man Clark danken, verleiht er seinen traurigen Helden Verletzbarkeit. Was sie menschlich macht. Aber: real-apokalyptische Plots sind nicht besonders beliebt, schauspielerische Vielfalt nicht erwünscht. So ist Clarks zweite Regie-Arbeit am US-Boxoffice völlig gescheitert und nicht Melanie Griffith erhielt für die beste Leistung ihrer Karriere den Oscar in diesem Jahr, sondern Fliegengewicht Gwyneth Paltrow durfte tränenschwer im pinkfarbenen Tüll über den roten Teppich rascheln und Mum, Dad & God danken.

Originaltitel: ANOTHER DAY IN PARADISE

USA 1998, 95 min
Verleih: Advanced

Genre: Gangster, Drama

Darsteller: James Woods, Melanie Griffith, Vincent Kartheiser

Regie: Larry Clark

Kinostart: 10.12.99

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.