Originaltitel: UN SILENCE
F 2023, 99 min
FSK 12
Verleih: Arsenal
Genre: Drama
Darsteller: Daniel Auteuil, Emmanuelle Devos
Regie: Joachim Lafosse
Kinostart: 13.06.24
Der Regisseur Joachim Lafosse seziert mit pathologischer Präzision innerfamiliäre Gewebe und Geflechte von Beziehungen zwischen Paaren und deren Kindern. Blutleer sind sie noch nicht. Im Gegenteil. Man spürt Herz, Puls – ein Beben. Es dominierte zuletzt DIE RUHELOSEN, DIE ÖKONOMIE DER LIEBE auch. Und es bleibt so.
Das (Ver-)Schweigen kommt, eng be-
gleitet vom Lügen, sehr weit vorn, bevor sich Familien pulverisieren. Es ist zugleich ein altes Kinothema. Sicher hatten auch Astrid und François damit gerechnet, das finsterste Kapitel ihrer Ehe, geschrieben vor 30 Jahren, durch die Zielgeraden zu bringen. Doch der renommierte Anwalt, gerade im Rampenlicht bei einer Verteidigung nach Kindsmord, wird noch überholt, während seine Frau versucht, das Kartenhaus mit Verschieben vor dem sicheren Einsturz zu bewahren. Nur muß Astrid jetzt, da die Verhöre beginnen, endgültig ihre Taktik wechseln.
Die Verbitterung von Tochter Charlotte, selbst schon Mutter, erwacht zu neuem Schmerz, weil sie ums einst Geschehene weiß und auch, was abwesende Väter bedeuten. Der jüngere Adoptivsohn Raphael aber gerät, unwissend wie er wegen damals noch ist, vollends in den Strudel juristischer Ermittlungen sowie mediengetriebener Hatz. Vor allem wird es Raphael sein, der Fragen an die Eltern hat. Fragen über Fragen. Und François selbst? Ringt bedeutsam um Contenance, gibt zunächst vor, nur an den Umständen seines gewiß heiklen Berufs und gar an politischer Einflußnahme zu zerbrechen. Lafosse schlachtet nicht aus. Bevor er seziert, schaut er sehr genau hin. Lichte Momente aber sind hier selten, nicht nur die Innenräume bleiben eher dunkel.
[ Andreas Körner ]