Originaltitel: UROTICITE NA BLAGA

Bulgarien/D 2023, 114 min
FSK 12
Verleih: JIP

Genre: Drama

Darsteller: Eli Skorcheva, Ivan Barnev, Gerasim Georgiev, Rozalia Abgarian

Regie: Stephan Komandarev

Kinostart: 25.01.24

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Eine Frage der Würde

In den Abgrund geschaut

Im absolut unwahrscheinlichen Fall, daß Blaga von irgendwoher ein gewogenes Herz zuflöge, würde sie, die grantige, niemals lächelnde, Fehler ungefragt korrigierende Ex-Lehrerin, es sicher rüde wegschlagen. Das liegt weniger am kürzlichen Tod des Gatten, eher einem trübseligen Leben; sein nahender Ausklang birgt bloß noch den Traum vom Doppelgrab. Und selbst er zerplatzt: Trickbetrüger zocken Blagas dafür mühsam Erspartes ab. Setzen einen Mahlstrom frei, dessen Sog erst ihre Seele verschlingt, später weitere Strudel abkoppelt.

Vor 30 Jahren hatte Hauptdarstellerin Eli Skorcheva eine kleinere Schauspiellaufbahn aufgegeben – schaut man nun jenem preisgekrönten Comeback zu, völlig unbegreiflich. Skorcheva geht mit nur kleinen Verschiebungen in Blick und Geste durch sämtliche Emotionen, ist wechselnd distanzierte Täterin ebenso wie bedauernswertes Opfer, kalte Kalkulatorin oder angeschossenes Wild. Es bleiben Blaga auch kaum andere Optionen, angesichts des vom Kopf her faulig stinkenden, maroden Staates namens Bulgarien. Abgerechnet wird hier nicht zum Schluß, sondern direkt ab Anfang, die kaufmännische Basis bilden 560 Lew Rente. Rund 290 Euro.

Während der erbhungrige Sohn Blagas Dummheit moniert, die Presse Demenz unterstellt, manövriert sie sich in eine Sackgasse fern aller Hoffnung, an deren Endpunkt ein aus Schreien geformter Schlußakkord gellt. So finster, man sah ihn zwar kommen, wollte es aber nicht wahrhaben; zu dunkel das, was dort geschieht. Der Bildausschnitt beschließt derweil seine unmerkliche Transformation zur 4:3-Enge, hohle Schritte dienen akustischer Untermalung. Audiovisuelle Zukunftsblicke auf Blagas Restexistenz.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...