D 2021, 104 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction
Genre: Dokumentation, Biographie
Regie: Jeanine Meerapfel
Kinostart: 01.12.22
Es ist die Tochter, die spricht und dabei tastend, reflektierend, mäandernd das Bild besagter Frau zusammensetzt, die ihre Mutter war. Marie Louise Chatelaine Meerapfel, später genannt Malou, ein Waisenkind aus dem Burgund, war eine Frau, die Charme besaß, das elegante Leben liebte und wußte, daß sie sich so eines nur mit einem wohlhabenden Mann an der Seite leisten konnte. Als der Mann ging, bäumte sie sich gegen die Verarmung auf. Und verlor.
Jeanine Meerapfel geht es um mehr, als die Puzzleteile des Lebens ihrer Mutter zu einem fragmentarischen Ganzen zusammenzufügen. Es interessiert sie, wie die Orte, an denen ein Mensch lebt, ihn prägen. Sie spürt dem Phantom der Fremde, der Anpassung nach, das Malou von Frankreich über Deutschland und Holland bis an den Rio de la Plata, Buenos Aires, verfolgt haben muß. Es geht ihr auch darum, wie sie sagt, ihr eigenes „vererbtes Gefühl“ zu begreifen, das sich aus der Beheimatung ihrer Urgroßeltern, Großeltern und Eltern speist und Teil ihrer eigenen Identität geworden ist.
Von diesen Exilerfahrungen, einem diffusen Nichtangekommensein, von Abhängigkeiten und Brüchen erzählt Meerapfel in einem assoziativen, poetischen, teils lakonischen Gedankenstrom, den man gerne visuell auf sich wirken läßt, aber vor allem auch gerne lauscht. Sie legt anekdotisch Begegnungen während der Dreharbeiten offen, verknüpft intime Familiengeschichten mit Zeitgeschichte – das Private wird in seine politische Dimension gerückt, die eine Frau wird zur Repräsentantin ihrer Generation. Genau wie die Fotos von Mutter und Familie an die Orte zurückkehren, an denen sie vor Jahrzehnten entstanden waren, und sich dort wieder ins Bild fügen, den Bogen ins Jetzt schlagen.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...