Originaltitel: LA DARONNE
F 2020, 106 min
FSK 12
Verleih: Neue Visionen
Genre: Komödie, Krimi
Darsteller: Isabelle Huppert, Hippolyte Girardot, Farida Ouchani, Liliane Rovère
Regie: Jean-Paul Salomé
Kinostart: 08.10.20
Falls Sie glauben, ein echt mieser Tag läge hinter Ihnen, kontern wir locker: Nach tätlichem Angriff im unterbezahlten Job erträgt Polizei-Dolmetscherin Patience die lautstark rausposaunten Erinnerungen ihrer Mutter an sie als schockierend häßliches Monsterbaby, dazu gewährt das Pflegeheim, in dem Mama vegetiert, die Wahl zwischen Rechnungsbegleichung oder Rausschmiß, und daheim wartet seit Jahrzehnten niemand, weil der Gatte jung verstarb. Na, wer hat jetzt gewonnen?!
Immerhin poppen zumindest finanziell ungeahnte Möglichkeiten auf, eine größere Haschischlieferung soll demnächst Paris erreichen. Patience wirft den Ermittlungen kommunikativ fehlgeleitete Brocken in den Weg, faßt mit Hilfe eines ausgemusterten Diensthundes die Ladung ab – und regiert fortan den Drogenmarkt, die originaltitelgebende „Alte“ trat auf den Plan.
Wahrlich herrlich, wie Patience sich gegen den despektierlichen Spitznamen zu verwahren sucht, dabei ein spitzfüßiges Verbalballett am Rande der Entdeckung hinlegt. Oder dem knuffigen Köter einen Namen verpaßt, so bekloppt, darauf muß man erst mal kommen. Oder von ihrer ebenfalls kriminellen asiatischen Nachbarin eine Lektion im Abwürgen kriegt: „Vom Reden wird der Reis nicht gar!“ Oder, oder, oder.
Das ist endlich wieder französisches Komödienkino im Humor subtilerer, gern schräg ums Gedankeneck schmunzelnder Art, grundsympathisch nicht allein wegen seiner – natürlich – formidablen Hauptdarstellerin Isabelle Huppert. Aber auch. Schwer zu sagen, wann auf Mme Hupperts Gesicht zuletzt solch’ sichtbarer Spaß am Spiel leuchtete, in entspannter Schlitzohrigkeit weit entfernt von 8 FRAUEN-Hysterie oder ZWEI UNGLEICHE SCHWESTERN-Pikiertheit. Ein Gesicht übrigens, welches einmal ganz ohne Make-up zu sehen ist: jugendlich von innen leuchtend, naturschön.
Und wenn dann noch zwar sicher keine Dauerspannung knistert, jedoch mancher Dialog aufgeladene Funken schlägt, schrille Kostümierung und andere optische Schauwerte am Sehnerv kleben bleiben, mit zurückgenommener, dadurch umso treffenderer Intensität Gefühle zum Transport anstehen und für emotionalen Unterbau sorgen, schließlich sogar recht krasse Gewaltspitzen aus dem fröhlichen Genremix herausstechen, kann man tatsächlich nur zu einem einzigen Fazit gelangen: siehe oben, direkt unter dem Titel.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...