Man kennt ja solche Hochzeiten: Zu fortgeschrittener Stunde ist Schwiegerpapa nicht nur vom Glück trunken, ein Vogel mit Darmvirus hat der Braut das Kleid bekleckert, und im Nebenraum erörtern entfernte Verwandte, " ...was Du vor 20 Jahren Gemeines zu mir gesagt hast." Doch halt! Alles das ist nichts im Vergleich zur hiesigen Vermählung. Das Hochzeitsgeschenk – nicht ganz legal. Die Angetrauten – alles außer verliebt. Das Essen – gesundheitsgefährdender Schlangenfraß. Zu allem Überfluß macht auch noch eine Leiche durch ihre pure Existenz Ärger und will vom Brautvater bis zum zwielichtigen Polizisten jeder nur sein Schäfchen ins Trockene bringen. So beinhaltet die Bilanz des Abends unter anderem abgeschossene Finger, aufgedeckte Lebenslügen, Ehebruch und kriminelle Machenschaften.
Nun klingt die obige Handlung niedergeschrieben schon klasse, richtig schwarzhumorig und schräg. Aber Papier ist geduldig, und genau das sollten Zuschauer ebenfalls sein, wenn sie eine wirklich witzige oder originelle Szene erhaschen möchten. Denn im Grunde passiert hier wenig, die genannten Ereignisse und Situationen sind bloß knappe Einsprengsel, nie auf den Punkt inszeniert und schon gar nicht ausgekostet, sondern eher nebenbei hingeworfen. Vielmehr scheint es dem polnischen Produktionsteam darum zu gehen, die eigenen Klischees aufs Korn zu nehmen, was Respekt abringt.
Allerdings ermüdet dieser Versuch ganz schnell, wenn neben dem obligatorischen geklauten Auto alle Figuren letztlich nur Wodka saufen und permanent um fehlendes, zur Bestechung dienendes, unglücklich machendes oder sonstwie zur Debatte stehendes Geld streiten. Endlos, ausufernd, nervend. Daß schließlich mit hektischen Schnitten und Fäkalhumor – eine sturzbachartig überlaufende Toilette soll wohl irgendwie für Heiterkeit sorgen – nicht gerade die größten Tugenden des westlichen Kinos abgeschaut wurden, macht das insgesamt öde Gemisch, welchem man schon nach einigen Minuten nicht mal den Bund für einen Abend versprechen will, kaum attraktiver.
Originaltitel: WESELE
Polen 2004, 104 min
Verleih: Filmlichter
Genre: Komödie
Darsteller: Marian Dziedziel, Iwona Bielska, Tamara Arciuch, Maciej Stuhr, Pawel Wilczak
Stab:
Regie: Wojciech Smarzowski
Drehbuch: Wojciech Smarzowski
Kinostart: 29.05.08
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...