Die katholische Kirche hat ihre eigene Art, mit Verfehlungen der ihr Untergebenen umzugehen. Oft werden sie nicht der weltlichen Gerichtbarkeit übergeben, stattdessen entfernt man die Betreffenden diskret von ihren Posten. Der chilenische Regisseur Pablo Larraín fragt in seinem Film EL CLUB nach diesen von der Kirche aus dem Verkehr gezogenen Menschen. Dabei werden reale Tatsachen fiktional umgesetzt.
Vier Priester leben zurückgezogen in einem Haus an der rauhen chilenischen Pazifikküste. Betreut und gleichzeitig bewacht werden sie von Schwester Monika, welche die Männer mit entschiedener Sanftmut dirigiert. Sie alle haben sich diverse Vergehen zuschulden kommen lassen (Homosexualität, Kindesmißbrauch, Menschenhandel), wodurch sie für die Kirche untragbar wurden. Ihre Zeit verbringen die Männer in einem streng geregelten Tagesablauf mit Beten, Singen, Buße tun – und mit dem Training eines Windhundes, den sie bei Hunderennen einsetzen. Die einzige Abwechslung in ihrem monotonen Alltag. Dieses fragile Gleichgewicht wird durch die Ankunft eines neuen Priesters zerstört. Die verdrängte Vergangenheit erwacht durch ihn zu neuem Leben.
Larraín inszeniert diese Geschichte als packendes Kammerspiel, dessen untergründige Spannung im Laufe des Films zunimmt. Getragen wird der Film von seinen herausragenden Darstellern, welche die Ambivalenz aller Charaktere intensiv zum Ausdruck bringen. Allen voran Alfredo Castro und Antonia Zegers, die zu Larraíns Stammschauspielern zählen. Wie bei dem brillanten Vorgänger ¡NO! setzt der Regisseur erneut analoge Objektive ein, was EL CLUB eine besondere Optik verleiht. Statt der kantenlosen Schärfe heutiger Digitalkameras sind die Bilder oft leicht verschwommen. Weiterhin gibt es keine Szenen in klarem Licht, keine leuchtenden Farben, es dominieren die Zwischentöne der Dämmerung. Diese spezielle visuelle Gestaltung spiegelt die innere Verlorenheit und Zwiespältigkeit der Figuren.
EL CLUB, der den Silbernen Bären der Berlinale 2015 gewann, ist nicht in erster Linie ein Film über die katholische Kirche. Vor allem ist er eine Reflexion über den Umgang mit Schuld und Straflosigkeit vor dem Hintergrund der andauernden (Nicht-)Aufarbeitung der Pinochet-Diktatur in Chile. Die Frage „Wie verhalten sich Menschen, die nicht fürchten müssen, sich für ihre Taten jemals zu verantworten?“ durchzieht alle bisherigen Filme Pablo Larraíns.
Originaltitel: EL CLUB
Chile 2015, 97 min
FSK 16
Verleih: Piffl
Genre: Drama
Darsteller: Alfredo Castro, Antonia Zegers, Marcelo Alonso
Regie: Pablo Larraín
Kinostart: 19.11.15
[ Dörthe Gromes ]