Originaltitel: 55 STEPS
USA/D 2017, 105 min
FSK 12
Verleih: Warner
Genre: Drama
Darsteller: Helena Bonham Carter, Hilary Swank
Regie: Bille August
Kinostart: 03.05.18
Kluger Mann, der Kurt Tucholsky. Und wenn er sagte, das Gegenteil von gut sei gut gemeint, ist das auch auf vorliegenden Film projizierbar – außer, man vermutet eine generell böse Absicht dahinter, daß in den 80ern US-Psychiatriepatienten ohne ihre Zustimmung mit starken, langfristig oft den Körper angreifenden Medikamenten behandelt wurden.
So wie Eleanor Riese, deren Biographie hier zur Verhandlung steht. Diagnose: chronische paranoide Schizophrenie. Behandlung: Zwangseinweisung und Drogen, die unter anderem zu Krampfanfällen und Nierenschäden führen. Eleanor weiß genau um die Nebenwirkungen der verabreichten Medikation, fordert daher einen Anwalt und bekommt schließlich Colette Hughes. Zwei Frauen – David – nehmen den Kampf gegen das übermächtige amerikanische Gesundheitssystem – Goliath – auf.
Wie der final ausgeht, birgt keinerlei Überraschungen, schließlich wäre es eher ziemlich kontraproduktiv und zudem ein Bruch sämtlicher Hollywoodregeln, sollte die Geschichte eines Scheiterns zur Ansicht gelangen. Interessanter daher, wie Regisseur Bille August und sein Starensemble die Tatsachen zur Basis eines Kinodramas transformieren; und erneut paßt da Tucholskys Zitat bestens: alles total gut gemeint, aber deswegen in der Summe eben noch lange nicht gut. Hauptsächlich, weil August die Figuren aus Blöcken zu schnitzen scheint – einerseits Hilary Swanks taffe Colette, leicht tussig zwar (Ohrringalarm!), trotzdem stets aufrecht und gütig, andererseits Helena Bonham Carter, die als Eleanor, wohl starren Blickes auf allerhand Ehrungen schielend, eine Verkörperung dessen abliefert, wie sich Tinseltown von mentalen Störungen betroffene Personen vorstellt. Bedeutet: Carter treibt das fahl geschminkte Gesicht zu grimassierenden Höchstleistungen, krümmt den Körper beim schlurfenden Gang und bellt, diplomatisch völlig unbelastet, gerade durch den selbstverständlich wirr behaarten Kopf schießendes Gedankengut heraus. Dazu der Szenen auf hektisches Mindestmaß verkürzende Schnitt sowie jederzeit korrekte Emotionen, dem zu eigenem Gefühl bekanntlich unfähigen Publikum per Dialog vorgegeben, fertig ist die Reißbrettübung.
Immerhin spricht der Hinweis, es gäbe auf der Straße bereits genug Geisteskranke, eine allgemeingültige Wahrheit aus – falls besagter Überfluß auf eitle, empathielose Egomanen jeglicher Psychosituation abzielt ...
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...