D 2018, 90 min
FSK 16
Verleih: Farbfilm

Genre: Horror

Darsteller: Gro Swantje Kohlhof, Maja Lehrer, Trine Dyrholm, Barbara Philipp

Regie: Carolina Hellsgård

Kinostart: 22.08.19

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Endzeit

Arm ab!

Die Deutschen sind gern arm dran und jetzt, da eine apokalyptische Seuche grassiert, ist schnell der Arm ab. Vivi, eine junge Frau, muß es mit ansehen. Sie gehört zur Horde letzter Überlebender, die zwischen Weimar und Jena den Fortbestand der Spezies organisieren. Die Nicht-Infizierten haben sich ein stacheldrahtgeschütztes Lager gebaut – im Thüringischen ist das nicht ohne Risiken ins Drehbuch zu schreiben und kaum ohne Nebenwirkungen zu konsumieren. Versucht ein ex-bundesdeutscher Zombie, davon gibt es noch genügend, den Zaun zu durchdringen und beißt sich in einem Insassen fest, werden ihm mit Spaten und Schaufeln Gliedmaßen abgehackt, bevor ihn die Pistole befreit. Das ist die Regel.

Regeln gibt es auch im Zombie-/Horror-/Mysterygenre: visuelle Effekte, Schockelemente, Rauschen, Knistern, Blicke durch Türspalte, spitze Geweihe dicht vor oder in Augäpfeln, Musik mit Drohgebärde. ENDZEIT ist da gar nicht mal so schlecht unterwegs. Der Thüringer Wald ist finster und sieht aus, als wäre Volkssänger Herbert Roth nie dort gewandert, ein führerloser Triebwagen tuckert mit Solarmodulen auf einsamen Gleisen und bleibt stecken, es geht über Stock und Stein, in matschiges Naß und verlassene Gemäuer, immer wieder tauchen obskure Untote auf, gern auch im Brautkleid.

Warum? Weil Vivi gemeinsam mit Eva auf der Flucht ist. Sie wollen nach Jena, wo man dem Vernehmen nach an Mittelchen forscht, um die Menschen (oder sind’s gar nur die Deutschen?) zu heilen. Vivi wird getrieben vom Geist ihrer kleinen Schwester, die sie nicht retten konnte. Eva ist aggressiver unterwegs, ein Killertyp ohne jede Illusion. Und Trine Dyrholm ist esoterische Gärtnerin, der die Zweige schon aus dem Kopf wachsen. Die Begegnung mit ihr läßt Vivi und Eva noch einmal neu ihre Beine in die Hand nehmen. Von wegen Rettung!

Genre-Regel Nummer 1 bleibt eine stimmige, fesselnde, keinesfalls langatmige Geschichte. Die wird in ENDZEIT schnell gebrochen. Vor allem in der großen Geste, die dystopische Ausgangslage mit philosophischem Futter aufzuladen und das Ende als Anfang zu begreifen, verrenkt sich Regisseurin Carolina Hellsgård enorm. Da erklingen schon mal Skript-Sätze wie: „Das da draußen ist die Räumungsklage, weil die Menschen zu lange keine Miete gezahlt haben.“ Da war Ulrich Köhlers letztjähriger IN MY ROOM in seiner kargen Linie entschieden wirkungsvoller.

[ Andreas Körner ]