Originaltitel: VALLANZASCA – GLI ANGELI DEL MALE
I/F/Rumänien 2010, 125 min
FSK 16
Verleih: Fox
Genre: Biographie, Thriller, Drama
Darsteller: Kim Rossi Stuart, Moritz Bleibtreu, Valeria Solarino
Regie: Michele Placido
Kinostart: 24.02.11
Abgesehen von Deutschland hat scheinbar jede europäische Nation ihren Vorzeige-Gangster –obwohl für uns vielleicht Andreas Baader diese Rolle im weitesten Sinne innehat. Und schaut man mal ganz eurozentristisch auf das Kino der letzten Jahre, könnte man meinen, es wäre ein inoffizieller Wettbewerb ausgerufen, welche Nation die Biographie ihres prominentesten Staatsfeindes am effektvollsten umsetzen kann. Ob England mit BRONSON oder Frankreich mit Jacques Mesrine gleich im Doppelpack: Das Leben und Wirken der Schurken beschäftigt die Filmemacher Europas wie schon lange nicht mehr. Eindeutig die Nase vorn bei Gangsterepen mit realer Vorlage hat Italien: Ob GOMORRHA, IL DIVO oder nun eben ENGEL DES BÖSEN, die Wiege von Pasta und Mafia hat jede Menge schlimmer Finger abzuarbeiten – und wir eben nur einen Andreas Baader.
Bei dieser Fülle an ähnlich gearteten Filmen in letzter Zeit schleicht sich unvermeidlich ein gewisser Abnutzungseffekt ein, daher kommt man als Rezensent am besten direkt zum Punkt: Was hat ENGEL DES BÖSEN zu bieten, was andere Gangsterballaden nicht haben? Nun, da wäre zunächst das Setting: Vallanzasca, einer der brutalsten und berühmtesten Verbrecher der italienischen Geschichte, hatte seine aktivste Zeit im Mailand der 70er Jahre. Die Zeit der mailändischen Bandenkriege wird hier akribisch bis ins letzte Detail wieder lebendig gemacht und der großen Leinwand würdig in Szene gesetzt. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist Hauptdarsteller Kim Rossi Stuart, der seiner Gott sei Dank nicht überpsychologisierten Figur das nötige Charisma gibt, um dem Gentleman-Verbrecher Vallanzasca Glaubwürdigkeit und Faszination zu verleihen. Weit weniger besonders ist das Handlungsmuster Aufstieg und Fall, das natürlich auch hier greift und den Reigen der Verbrechen und Gefängnisausbrüche nicht sonderlich überraschungsreich geraten läßt.
ENGEL DES BÖSEN reicht trotz erwähnter Qualitäten zwar nicht an jüngste Meisterwerke des Genres wie etwa Jacques Audiards EIN PROPHET oder auch Olivier Assayas’ CARLOS heran, dennoch ist Regisseur Michele Placido ein rasant erzählter, gut gespielter Genrefilm gelungen, der sicher immer noch all jene begeistern dürfte, für die die Geschichten der harten Männer mit Knarren immer einen Kinogang wert sind.
[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...