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Engel des Universums

Von der Härte zu leben

Den Kopf voll verrückter Ideen. Während der vernünftigere Rognvald sich um seine Zukunft kümmert, lebt der phantasievolle Paul seine Träume aus, kleckst in Öl apokalyptische Riesengemälde auf Leinen, spielt wie ein Berserker zügellose Schlagzeugsoli und haut den Menschen, die ihn lieben, mit spinnerten Geschichten und märchenhaften Absurditäten die Taschen voll. Als sich seine Freundin von ihm distanziert, zieht es dem aufbrausenden Paul ganz die Füße weg. Besonders in der eigenen Familie entladen sich seine rabiaten Gefühlsausbrüche, seine unkontrollierbaren Aggressionen. Eines Tages tickt er völlig aus, seine Eltern lassen ihn in eine Klinik einliefern. Man diagnostiziert bei ihm Schizophrenie. In der Anstalt trifft Paul auf wirklich abgefahrenen Typen: Oli behauptet, die größten Hits der Beatles geschrieben zu haben, Peter ist überzeugt, in China über Schiller promoviert zu haben, und Viktor gibt sich als Hitler aus. Die Jahre vergehen. Paul darf nach Hause, Paul muß wieder in die Anstalt. Mit der Zeit verschlimmert sich sein Zustand, die Wahnvorstellungen werden immer heimtückischer, sein Verstand klinkt sich im Beruhigungsmittelrausch völlig aus. Die Ärzte mißverstehen ihn. Er bekommt als geheilt entlassen eine Wohnung in der ödesten Neubausiedlung der Welt. Als sein vom Erfolg als Zahnarzt eigentlich verwöhnter Freund Rognvald sich umbringt, erträgt Paul die Welt nicht mehr. Er springt vom Balkon und ist tot. So gut ging es ihm noch nie...

Harte Kost! Fridriksson wirft unkommentiert die Frage auf, wer eigentlich verrückt ist. Die, die sich vor primitiven sozialen Zwängen und Gelüsten bis zur Unkenntlichkeit verbiegen. Oder die, die den Wahnsinn des Alltäglichen durchschaut haben, aber nicht frei damit leben können. Es ist fast nicht auszuhalten, wie nüchtern und bedrückend hier von den Ängsten der Familie um den verlorenen Sohn und Bruder erzählt wird, und welcher seelischen Pein der ohnmächtige Paul ausgeliefert ist. Hier wird nicht dämonisiert, nirgends der harmonisierende Weichzeichner angesetzt. Hier wird mutig davon erzählt, wie schwierig es geworden ist, aufrechtgehend zu überleben, und wie hart es ist, die eigenen Träume nicht zu verraten. Das Glück liegt eben nicht auf der Wiese.

Originaltitel: ENGLAR ALHEIMSINS

Island/D/Norwegen/DK 2000, 97 min
Verleih: Advanced

Genre: Drama

Darsteller: ngvar Eggert Sdigurdsson, Baltasar Kormákur

Regie: Fridrik Thor Fridriksson

Kinostart: 10.05.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.