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England!

Wunderbar trauriger Sehnsuchtsfilm

Victor hat seine ukrainische Heimat verlassen, um sich endlich seinen größten Wunsch zu erfüllen: Er will nach England. Zunächst führt ihn die Reise jedoch nach Berlin, denn hier wohnt Valeri, mit dem er vor Jahren als Rotarmist im strahlenverseuchten Tschernobyl arbeitete und der mit ihm den Traum von den Küsten Englands träumte. Doch unter der angegebenen Adresse ist Valeri nicht anzutreffen. Hier begrüßt Victor nur der recht mißgelaunte Mitbewohner Pawel, der dem Neuankömmling bei der Suche nach dem Freund nicht weiterhelfen kann, ihm aber wenigstens einen Platz zum Schlafen anbietet. Aber in Victors großer ukrainischer Seele ist noch Platz für den unfreiwilligen und grummeligen Gastgeber - ein neuer Freund, ein Reisebegleiter.

Regisseur Achim von Borries gelingt mit diesem ungewöhnlichen Roadmovie ein anrührendes und durchweg überzeugendes Kinodebüt. Pelzbemützt, großherzig, naiv und voller Tatendrang - in der wohl geschäftigsten aller deutschen Großstädte läßt er seinen Helden wie einen Wal stranden, erzählt mit viel Witz davon, wie ein sympathisches Alien verdutzt und kinderäugig neues Terrain erkundet. Doch trotz Slapstick und Situationskomik - es ist ein trauriger Held. Bald erfährt Victor, daß sein Freund Valerie nicht verschwunden sondern gestorben ist, und daß ihm selbst die Zeit davonläuft. Das ständige Nasenbluten verrät: Victor ist totkrank.

Souverän hält von Borries die Balance zwischen Tragik und Komik, ebenso wie sein großartiger Hauptdarsteller Ivan Shvedov. Besonders ihm ist es zu danken, daß sich Wehmut und Schmunzeln hier so unverbogen mischen. Schwejk ist er, wenn Victor versucht, sich mit dem Maler Pawel auf dem aalglatten Parkett der Berliner Galerieszene zu bewegen. Wie Don Quichotte kämpft er darum, die letzte große Reise noch wachen Verstandes zu erleben. Der Traum wird schließlich Wirklichkeit - auch wenn sich Victor nicht mehr freuen kann.

D 2000, 97 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Ivan Shvedoff, Denis Burgazliew, Anna Geislerová, Chulpan Khamatova

Regie: Achim von Borries

Kinostart: 27.09.01

[ Sylvia Görke ]