Originaltitel: EVERYBODY’S FINE
USA 2009, 105 min
FSK 6
Verleih: Disney
Genre: Drama, Familiensaga
Darsteller: Robert De Niro, Drew Barrymore, Kate Beckinsale, Sam Rockwell
Regie: Kirk Jones
Kinostart: 18.03.10
Seit dem Begräbnis seiner Frau acht Monate zuvor sollte es das erste Zusammentreffen von Frank Goode mit seinen vier Kindern im heimischen Häuschen werden. Doch alle Vier sagen, mit mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen, ihr Kommen ab. Nach kurzem Zögern faßt Frank seinen Entschluß. Der Witwer packt seinen Koffer und macht sich auf zu einer Reise quer durch die USA, um seine Kinder, verstreut im Land lebend, mit einem Besuch zu überraschen. Franks Reise wird eine voller schmerzhafter Desillusionierungen sein. Aber auch eine des Neubeginns.
Fast ein wenig schwierig, fair über Kirk Jones EVERYBODY’S FINE zu sprechen. Zumindest, wenn man das Original im Kopf hat – und wer es je sah, hat es im Kopf. 1990 drehte Giuseppe Tornatore schon einmal die Geschichte vom Vater, der seine Kinder besucht. ALLEN GEHT’S GUT heißt der Film, eine großartige, heiter-melancholische Elegie mit einem großartigen Marcello Mastroianni in jener Rolle, die jetzt De Niro inne hat. Der nun sagte ja einst über sich – und das konnte er sich leisten, einst – er könne auch ein Schnitzel spielen. Mittlerweile ist nun das Problem mit De Niro, daß er bedrückend häufig kaum besser als ein Schnitzel spielt. In EVERYBODY’S FINE ist das nicht der Fall. Aber gedenk Mastroiannis herrscht da ein nicht zu leugnendes Qualitätsgefälle.
Das läßt sich generalisieren. Kirk Jones (LANG LEBE NED DEVINE, EINE ZAUBERHAFTE NANNY) ist kein schlechter Regisseur und sein EVERYBODY’S FINE kein schlechter Film. Nur inkonsequenter. Nur oberflächlicher. Zu entgratet an den scharfen Ecken und Kanten, wo einen die Bitterkeit ritzen müßte. Weil jetzt eine Hollywood-Konvention finaler Eintracht die emotionale und auch philosophische Tiefe dieser Geschichte verflacht und vielleicht sogar verrät. Eine Geschichte um gescheiterte Leben, um Illusionen und Selbstbetrug, um die Entfremdung zwischen Vater und Kindern, über die Schwierigkeiten, Gefühle zu äußern, alte Wunden heilen zu lassen.
Wie gesagt, vielleicht ist es ein wenig unfair, EVERYBODY’S FINE derartig zu Tornatores Film in Bezug zu setzen. Aber letztlich ist das das Kreuz, welches alle Remakes tragen müssen. Und wo Tornatores Film der Wahrheit, der bitteren, verpflichtet war, wandelt jetzt das Bedürfnis nach Versöhnung, die nun mal einfach harmonisierend und besänftigend aufs Leid folgen muß. In Hollywood jedenfalls ist das so.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.