Was haben der Arabische Frühling, die Occupy-Bewegung, die Grüne Bewegung im Iran und die Aktionen der Femen-Gruppe gemein? Für die beiden iranischen Filmemacher Arash und Arman Riahi vereint all diese verschiedenen Protestbewegungen ihre Weiterführung der Tradition des gewaltfreien Widerstands. Jene vor allem durch Mahatma Ghandis Salzmarsch und Martin Luther Kings Montgomery Bus Boycott zu weltweiter Bekanntheit gekommene Protestform hat im Zeitalter des Internets nicht nur völlig neue Verbreitungsmöglichkeiten gefunden, ihre Verfechter zeichnen sich in ihren Aktionen auch über die vielzitierte Einbindung der sozialen Medien hinaus durch kreative Strategien aus. Die Filmemacher haben über Jahre einige Protagonisten der Strömungen begleitet und zeichnen so episodisch ein Bild der friedlichen Protestbewegungen, bei dem eine Grenze zwischen Porträt und Plädoyer von Beginn an kaum gezogen wird.
Beeindruckend ist es allemal, was sich die AktivistInnen alles einfallen lassen, um die Unterdrückungsmechanismen der Staatsgewalt zu umgehen. So erzählt ein syrischer junger Mann von einer Aktion mit Flugblättern in Heliumballons, an denen durch Eiswürfel offen gehaltene Haarklammern befestigt sind. Schmelzen die Eiswürfel, schnappen die Haarklammern zu, die Ballons platzen und es regnet Protest-Flyer. Die Occupy-Aktivisten in den USA umgehen das Verbot von Megaphonen, indem die Gruppe die Worte des Redners im Chor wiederholt und weiterträgt. Aus dem Manifest der „Indignados“, der „Empörten“, aus Spanien werden einfache, aber effektive Strategien vorgelesen, wie man Gewalttäter im Strom der Demonstranten gewaltfrei isoliert und stoppt.
Wann immer die Filmemacher mitten in die Demos eintauchen und hautnahe Einblicke in die Praktiken dieser neuen gewaltfreien Protestbewegungen bieten, ist EVERYDAY REBELLION am stärksten. Was bei seiner weitgefaßten, globalen Perspektive zu kurz kommt, sind Unterschiede und Feinheiten – sowohl bei den Programmen der Protestler als auch bei den Systemen, gegen die sich der Widerstand richtet. Der Protest wird in all seinen gewaltlosen Formen gefeiert, wobei die politische Haltung dahinter bis zur Austauschbarkeit verschwimmt.
Dennoch bleibt das Cross-Media-Projekt EVERYDAY REBELLION, das neben dem Film auch eine Website als Austauschplattform und eine App zu bieten hat, eine interessante Bereicherung der Debatte, wie demokratischer Aktionismus in Zukunft aussehen muß, damit sich ungerechte Verhältnisse dauerhaft ändern lassen.
Originaltitel: EVERYDAY REBELLION
Österreich/CH 2013, 110 min
FSK 12
Verleih: W-Film
Genre: Dokumentation, Polit
Regie: Arash Riahi, Arman Riahi
Kinostart: 11.09.14
[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...