Erik langt zu, bis sein Gegner blutet. Er hat es nicht anders gelernt. Mit gerade mal 16 Jahren ist er schon mitten drin im bitteren Leben. Ohrfeigen vom Stiefvater gehören zum Alltag, und in abendlichen Ritualen kommt der Gürtel zum Einsatz. Die Mutter schaut weg, Erik wiederum entlädt seine Aggressionen an Schwächeren.
Im Schweden der 50er Jahre gibt es dafür aber eine einfache Lösung: Erik wird der Schule verwiesen. "Von Grund auf böse" schätzt der Direktor den Charakter des Teenagers ein. Teuer erkauft seine Mutter Eriks letzte Chance auf Abitur im Elite-Internat Stjärnsberg. Doch das scheinbar harmonische Bildungsmekka bietet erzkonservativen Lehrern mit Rechtsdrall Unterschlupf. Die älteren Semester schikanieren jüngere Schüler. Da gehören Schläge und über dem Bett ausgekippte Fäkalien noch zum freundlicheren Teil. Erik weiß, wenn er auffällt oder sich wehrt, dann kann er sich von der Schule und seinen Zukunftsplänen verabschieden. Also beißt er die Zähne zusammen, steckt alle Energie ins Lernen und Schwimmtraining. Doch wieviel Erniedrigung wird er ertragen?
Kino ist der Ort großer Gefühle. Und EVIL erzeugt Emotionen, keine Frage. Er setzt seinen gestrauchelten Helden einer unglaublichen Demütigung aus und macht sie für das Publikum beinahe physisch spürbar. Wenn wir als Zuschauer schon unglaublich zornig werden, wie soll dann Erik seine Wut kontrollieren? Man möchte herausbrüllen "Wehr dich! Hau zu!" und weiß doch ganz genau, ein Schlag genügt, und das Leben des Jungen wird zur Sackgasse. Wieso setzt Regisseur Mikael Hafström seinen Helden und uns solcher Ungerechtigkeit aus? Vielleicht weil er Kämpfer mag. Vielleicht weil der einfache Weg nie zu neuen Zielen führt. Vielleicht weil die Zyniker, die nur zu gern das Verdorbene der Gesellschaft zitieren, selbst ein treuer Teil von dieser sind. Sicher mögen die Korrupten dieser Welt oft den längeren Hebel bedienen, doch nur Rebellen werden sie nachhaltig verändern.
Jeder achte Schwede hat EVIL gesehen. Man wünscht dem souveränen Appell ähnliche Wirkung hierzulande. Wenn auch nur ein Funke seiner gesunden Wut in den Kinosaal überspringt, wäre das ein Erfolg. An das Gute im Menschen zu glauben, mag schwer sein. Doch es ist vielleicht der erste Schritt auf fruchtbarem Land.
Originaltitel: ONDSKAN
S 2003, 107 min
Verleih: MFA
Genre: Drama, Erwachsenwerden
Darsteller: Andreas Wilson, Gustaf Skarsgard
Regie: Mikael Hafström
Kinostart: 14.10.04
[ Roman Klink ]