D 2013, 105 min
FSK 12
Verleih: Constantin
Genre: Komödie
Darsteller: Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Katja Riemann, Jana Pallaske, Uschi Glas
Regie: Bora Dagtekin
Kinostart: 07.11.13
Ja ja, schon gut, ging mir doch auch nicht anders. Schon beim Tippen des Titels muß man stark sein. Wer aber zu vorschnell „Prekariatskino!“ raunt, wird sich zum einen täuschen, zum anderen, wenn er zwar schlaumeierisch raunt und sich dann doch nicht darauf einläßt, ein perfektes Stück Lachkino verpassen! Eines, welches auf Etikette, Political Correctness und den Stock im Allerwertesten ganz unmißverständlich verzichtet – zum Glück. Und so ist der Ton ein recht herzlicher, gleich, wenn Zeki Müller aus dem Knast entlassen wird, heißen die Empfehlungen derer, die noch drin bleiben müssen: „Fick ’ne Nutte für mich mit!“
Klar, puristische Feingeister werden zucken, Sprachapologeten nervös hüsteln, aber das soll egal sein, denn die Geschichte um Zeki, der quasi hopplahopp vom Kleinganoven zum Neulehrer mutiert, ist das Lustigste, was es im deutschen Kino seit Längerem gegeben hat. Dabei hat der Junge so rein bildungsmäßig nicht ganz alle Papiere zusammen, um den Job des dringend benötigten Aushilfslehrers an der Goethe-Gesamtschule zu bekommen. Aber zum einen schaut die Leim schnüffelnde Direktrice nicht so genau aufs Formwerk, und in Person der Lisi Schnabelstedt wird nach reichlich Fusel irgendwann auch die allersprödeste Referendarin bei Zekis Sixpack und Machosprüchen gefügig, weshalb deren leicht bearbeitete Zeugnisse schon bald durch den Drucker rauschen. Die Schulleiterin ist angetan, Zeki kann eine Klasse übernehmen und rückt seinem Plan damit ein ganzes Stück näher: die Beute krallen, die ausgerechnet unter der Turnhalle der Schule vergraben liegt.
Seinen Reiz zieht die neuerliche Arbeit des TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER-Teams vor allem aus ihrem Tempo, dem harschen Witz, dem guten Timing und den berühmten Gegensätzen. Denn schließlich hocken wir im Kino, daher läuft zwischen Zeki, dem wilden, unorthodoxen Springinsfeld, und Lisi, der nervösen, lehrplanfixierten Fahrradhelmträgerin, alles auf Liebe zu. Bis es jedoch so weit ist, sorgt Zeki mit seinen ganz eigenen Methoden für so etwas wie Ordnung in der – diplomatisch ausgedrückt – grenzdebilen Klasse 10b. Er klaut Schülern den Pausensnack, setzt die Order an, Actionfilme in den Unterricht zu bringen, und frustbäckige Schülerinnen grunzt er an: „Friß nicht so viel, oder willst Du als Jungfrau sterben?“ Klar, FACK JU GÖHTE ist der Gegenentwurf zum Pauker-und-Lümmelfilm der 60er Jahre, gleichsam eine Attacke auf die lachhafte Antiautoritätsduselei, die Rucksackmütter und Ökoväter heuzutage in ihrer Wollpulligemütlichkeit kultivieren, ein Schlag ins Gesicht all jener Waldorfstricklieslpädagogen, die glauben, mit Bio-Tees und Hüpfburgen den besseren Menschen zu formen. Pädagogisch wertvolle Erkenntnis bietet der freche Film wie nebenher: Daß es manchmal kaum mehr braucht, als sich nicht über die Schüler zu stellen. Das empfiehlt sich auch als Lesart, wenn sich die Eleven keinen Furz verdrücken, als es mal wieder Schulexkursion heißt: „ Oh, bitte nicht schon wieder KZ!“
Bora Dagtekins zweiter Kinospielfilm ist mit Karoline Herfurth und Elyas M’Barek formidabel besetzt, die Chemie zwischen beiden kann nicht besser sein, aber auch in kleineren Rollen trifft die Wahl des Casts ins Schwarze: Katja Riemann als Schulleiterin Gudrun ist die Spielfreude an dieser irren Figur anzumerken, und Uschi Glas, ja, die Uschi Glas, punktet gar mit einer herrlichen Trashperformance. Und schließlich orakelt der höchst unterhaltsame Film gefährlich an der Grenze zum Irrglauben, daß Lehrer auch nur Menschen sind.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.