Die trotz langwieriger Reanimationsversuche eben verstorbene junge Frau erinnert Arzt Fabian an Ex-Freundin Doro, was er zum Anlaß nimmt, den Job hinzuwerfen und ihr nach Lissabon zu folgen. Erster klarer Hinweis auf grenzwertig intensives Verhalten, weitere folgen.
Zunächst scheint Doro nicht wirklich umfassend begeistert, lehnt Hilfe ab, bleibt distanziert, während der Film treffend beidseitige Unsicherheit skizziert, verbales Abtasten, man verständigt sich aufs Wesentliche reduziert. Schließlich stellt Doro die brennende Frage: „Was willst’n Du hier?“ Fabians Antwort, knapp und deutlich: „Dich.“
Bis dato und sogar noch etwas drüber hinaus bleibt man dran, obwohl kein echtes Kinobild das Auge verwöhnt, eher (gewollte?) karge Statik herrscht, mancher Dialog unter Ungelenkigkeit leidet (oben erwähnte Sprachlosigkeit setzt sich teils als steifes Drehbuchgeraschel fort), wofür immerhin schöne portugiesische Musik einen Ausgleich schafft. Dann knickt Doro recht unmotiviert schnell ein, kehrt eben zurück in Fabians Arme, woraufhin dessen Gefühlsrakete Stufe 3 zündet: Eifersucht. Und zwar nicht die normale, irgendwo aus Liebe geborene, verständliche Variante, sondern die böse, besitzergreifende, gestörte Schwester, Wahnvorstellungen inklusive.
Was auf der Leinwand zu Schreierei, Vorwurfshaltung und Kämpfen zwischen den zwei wiedervereinten Partnern führt, davor wächst zunehmend Unverständnis, schließlich gähnt Langeweile. Immer wieder eingeblendetes, mächtiges Wasser: hübsch, beim 7. Mal indes überflüssig. Ausgedehnte Szenen, welche nur zum Aufbau von Atmosphäre dienen: Sie stehen einem fesselnd straffen Handlungsfaden deutlich im Weg, was vorher schon zum Problem geriet – bringt uns Doros Talgzyste irgendwie weiter? Um es mal landläufig zu sagen: Es nähert sich fix der Punkt, ab dem ein Toilettenbesuch nicht mehr dazu führt, etwas entscheidend Wichtiges zu verpassen.
Wogegen auch kein weitschweifig vorbereiteter, quasi angekündigter und damit schockarm ablaufender Klimax was hilft, gleichermaßen keine Hauptdarsteller, deren offensichtliches Bemühen um vielschichtige Figurenzeichnung nicht allein das zum Spiel stehende Material ausbremst, sondern außerdem der ständige Nacktheit einfordernde Drang zum mutig gemeinten Entblößte-Seelen-wohnen-in-entblößten-Körpern. Nein, diese Sache ist für Protagonisten und Publikum vergeigt.
Originaltitel: FADO
D/Portugal 2016, 101 min
FSK 16
Verleih: Missing Films
Genre: Drama
Darsteller: Golo Euler, Luise Heyer, Albano Jerónimo
Regie: Jonas Rothlaender
Kinostart: 01.09.16
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...