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Ilkay, übernehmen Sie!

Spontane Autorenerinnerung an die erste Klassenleiterin: Monika Läßig, hauptberuflich blond, ohne spürbare Motivation oder Hingabe, die schließlich glückssuchend „rübergemacht hat“ – und tschüß! Kein Vergleich zu Ilkay Idiskut, eine Lehrerin von Wiens größter Volksschule, absolut am rechten Ort, den Kurzen „verliebte Zahlen“ nahelegend, tanzend, mit feinfühligem Mix aus nötiger Strenge und zugewandter Empathie agierend, verbale Konfliktlösung vermittelnd, auch dann stets geduldig bleibend, wenn’s auf verschiedenen Ebenen mal wieder deutlich hakt (na ja, fast immer jedenfalls). Normale Dienstleisterin statt eigenernannter Heldin – und doch so außergewöhnlich, daß man einfach Respekt zollen muß.

Über Jahre hat Ruth Beckermann Idiskut und ihren Schützlingen zugesehen, enthält sich klug jedweden Kommentars, beläßt es beim Beobachten. Nur die Materialmontage sendet Botschaften und benennt Brennpunkte: Sprachförderung fungiert als Schlüssel zur Integration. Die Schulsozialarbeiterin bricht weg, fachkräftemangelbedingt ersatzlos. Schon in früher Jugend formen sich reaktionäre Geschlechterrollen. „Mein Vater hat keine Zeit für mich.“ In einem weiteren fabelhaften inszenatorischen Schachzug übergibt Beckermann Eda, Ibrahim, Fatima & Co. die Kamerakontrolle, sie filmen selbst Freuden, Nöte, das familiäre Umfeld und den Umgang untereinander, es entstehen breiige Verallgemeinerungen umgehende Erforschungen individueller kleiner Persönlichkeiten.

Anders formuliert: Schaut man, weder Papa noch ausgesprochener Kinderfreund, eigentlich zu knappe zwei Stunden lang interessiert auf die Leinwand, haben Frau Beckermann und Frau Idiskut nun wirklich alles richtig gemacht …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...