Originaltitel: BAI RI YAN HUO
China 2014, 106 min
FSK 16
Verleih: Weltkino
Genre: Thriller, Drama
Darsteller: Fan Liao, Lun-mei Gwei, Xue-bing Wang
Regie: Yi’nan Diao
Kinostart: 24.07.14
Das einzige, was hier, in dieser abraumgrau-häßlichen Industriewüste, farbig leuchtet, ist dieses Päckchen. Es liegt auf einem der sich endlos unter kaltem Winterhimmel hinziehenden Fließbänder, inmitten der Kohleklumpen, die darauf transportiert werden. Ein Arbeiter wird dieses Päckchen entdecken, und er wird darin eine abgetrennte Hand finden. Sie gehört zu den vielen Leichenteilen, die seit geraumer Zeit auftauchen. Immer an verschiedenen Orten dieser nordchinesischen Provinz, die in Yi’nan Diaos FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE die Kulisse maximaler Farb- und Trostlosigkeit bildet. Passend für einen Noir-Thriller, der wie alle guten Noir-Thriller nicht nur einfache Spannungsware, sondern auch ein darüber hinausweisendes Gesellschaftsporträt ist. Eins, das pessimistischer kaum ausfallen könnte.
Auch deshalb natürlich gab es zur diesjährigen Berlinale den Golden Bären für diesen Film. Welcher im Wettbewerb allerdings noch als SCHWARZE KOHLE, DÜNNES EIS lief. Und weil man sonst ja vorrangig (und meist zu Recht) an der Neigung deutscher Verleihe zu seltsamen Titelumbenennungen rumnörgelt, muß man in diesem Fall konstatieren, daß FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE weitaus reizvoller als das Original anklingt. Was es mit diesem Feuerwerk auf sich hat, darf hier allerdings nicht verraten werden. Nur so viel: Ein Feuerwerk wird unter anderem den bitter-tröstlichen Endpunkt bilden für diese düstere Geschichte, die im Jahre 1999 beginnt und bis in unsere nahe Gegenwart dauern wird. Polizist Zhang Zili macht sich darin auf die Jagd nach dem Mörder, wird nach einem blutig-desaströsen Einsatz aus dem Dienst entlassen, verfällt dem Alkohol, vegetiert als Wrack an der unteren Sozialskala und wird doch vom Jagdfieber gepackt, als, Jahre nach dem scheinbar abgeschlossen Fall, erneut Leichenteile gefunden werden. Zhang verfolgt auf eigene Faust alte Spuren, die ihn zu der so abweisenden wie schönen Wu Zhizhen führen.
Grau, kalt, gewalttätig. Eine Schneeregenwelt vor Betonbauten. Verkümmert und verroht. Wie in einer andauernden Erstarrung bewegen sich die Menschen durch diesen Film. Fast statisch, wie der Blick der Kamera, der ein durch und durch fatalistischer ist. Desillusioniert die Desillusionierung zeigend. Und doch entfaltet das einen vitalisierenden Sog: Brutalität und Tristesse. Und darin plötzlich diese Szenen auf der Schlittschuhbahn, ein Wie-davon-Gleiten aus dieser Welt, aus der es freilich kein Entkommen geben wird.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.