Das Prinzip ist vielleicht aus Schultagen bekannt. Man kündige den Eltern eine furchtbare Note an, um für die heimgebrachte 4 einen erleichterten Ausruf zu ernten: "Ach so schlimm ist das doch gar nicht!" Sollte sich das auf Filmtitel übertragen lassen? Man wecke schlimmste Assoziationen, um anschließend mit mäßiger Ware ordentlich zu punkten. Ein billiger Trick, oder? James Camerons TITANIC ist an der Kinokasse nicht wirklich gesunken, und MEIN LETZTER FILM war glücklicherweise nicht Hannelore Elsners Abschied. Die geschickte Namensgebung war hier jedoch Nebensache, Qualität machte beide Filme gut.
Ragnar Bragason, dem Regisseur des isländischen Episodenpuzzles FIASKO, könnte man den Namenstrick schon eher unterstellen. Er schickt die durchschnittliche Familie Bardal aus dem frostig-blauen Reykjavik in einige folgenschwere Verwicklungen. Júlia zum Beispiel ist schwanger, doch wer ist der Vater? Der markige Fischer Hilmar, Lebemann und anderen Isländerinnen nicht abgeneigt oder der weichliche Banker Gulli? Heute muß sie endlich erkennen, wen von beiden sie liebt. Júlias Mutter Steingerdur hingegen weiß genau, für wen ihr Herz schlägt - für den zweifelhaften Prediger Samúel, an dessen Lippen sie bei jeder Halleluja-Sitzung sklavisch hängt. Und wenn Steingerdur dem falschen Heiligen hilft, die Spuren eines sündigen Ausrutschers zu vertuschen, wird der Liebesdienst zum Dienst am Herrn. Großvater Karl Bardal wurde erst taufrisch von Amors Pfeil getroffen. Im Krankenhaus begegnet er der mondänen Helga und folgt ihr. Sie gewährt dem Charmeur Eintritt, und er ist sofort hingerissen. Doch Helgas Gedächtnis ist so abgenutzt, wie ihr Kleid aus angeblich ruhmreichen Filmtagen ...
Keine der verkorksten Figuren kann die Sympathie des Publikums durchgehend halten. Wem wünscht man Glück? Der zickigen Júlia, ihrer dümmlich-gutmütigen Mutter oder dem suspekten Großvater? Man vergißt sie fast so schnell, wie Helga den armen Pensionär Karl. Doch die geschickte Verwebung der einzelnen Handlungsstränge sorgt für Überraschungen, für "Aha"-Momente und macht Bragasons FIASKO zum durchaus amüsanten Streifen.
Originaltitel: FIASKÓ
Island/D/DK 2000, 92 min
Verleih: Atlas Intermedia
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Silja Hauksdóttir, Margrét Ákadóttir, Róbert Arnfinnsson
Regie: Ragnar Bragason
Kinostart: 20.11.03
[ Roman Klink ]