Crack. Heroin. Gewalt. Freier. Fiona verkauft ihren Körper an jeden, der bezahlen kann. Elfengleich und immer irgendwie high lebt sie am Rande der Gesellschaft. Sie folgt ihren eigenen Regeln, hat sich eingerichtet in der Härte und Kälte der düsteren Ecken von New York. Sie kennt kein anderes Leben.
Als sie sechs Monate alt war, wurde sie von ihrer Mutter ausgesetzt. Nur blaß sind die Erinnerungen an die früheste Kindheit, doch sie lassen sich nicht wegschieben. Immer wieder spricht Fiona über die Frau, die sie zur Welt brachte.
Kolleks Porträt einer Hure verzichtet nicht auf grausame Details. Seine Bilder fangen schonungslos Verfall und Brutalität ein, sparen weder Ekel noch Erniedrigung aus. Mit Handkamera und unverfälschtem Raumklang holt er den Straßendreck in die gute Stube. Und doch gelingt es ihm bei allem nahezu dokumentarischen Realismus, ein poetisches Großstadtmärchen zu erzählen, das die Grenzen der Wirklichkeit sprengt. Dabei verweigert er sich cineastischer Strich-Folklore, die doch zumeist ihre gefallenen Engel per Prinzenfreier auf den Tugendpfad zurückschickt. Doch mit Prinzen kann Fiona nicht allzuviel anfangen. Männer machen ihr angst. Was sie verzweifelt sucht, findet sie nur bei Frauen: Nähe, Zärtlichkeit, Liebe.
Daß sich das Innenleben Fionas nicht mit simplen moralischen Codes entschlüsseln läßt, ist vor allem Anna Thomson zu verdanken. Schon zum zweiten Mal hat Kollek ihr eine Hauptrolle anvertraut und hätte keine wunderbarere Darstellerin finden können. Sie beherrscht die Klaviatur der Gefühle perfekt, ohne etwas von ihrer spröden Natürlichkeit zu verlieren. Sie kann alles zugleich sein: schön, abstoßend, grausam, zerbrechlich. Kompromißlos durchlebt sie jede Emotion. Wenn sie liebt, dann liebt sie leidenschaftlich. Wenn sie haßt, dann zerstörerisch und haltlos.
Originaltitel: FIONA
USA 1998, 85 min
Verleih: Pegasos
Genre: Drama, Schicksal
Darsteller: Anna Thomson, Felicia Maguire, Alyssa Mulhern
Regie: Amos Kollek
Kinostart: 18.05.00
[ Sylvia Görke ]