Hunderte iranische Frauen springen von ihren Plätzen. Die Lautsprecherdurchsagen der Sittenwächter, die zu einem würdigen Benehmen aufrufen, kann sie nicht davon abhalten, ihr Team enthusiastisch anzufeuern. Hier und da rutscht ein Kopftuch. Neunzig Minuten gehören nur den Frauen. Männer sind als Zuschauer nicht zugelassen bei dem ersten offiziellen Freundschaftsspiel zwischen der iranischen Frauennationalmannschaft und den Kreuzberger Kickerinnen des BSV Aldersimpor.
Daß dieses Spiel stattfindet ist ein Sieg - für die Filmemacher und die Frauen im Iran. Der ausgedürrte Rasen und die etwas windschiefen Tore stören nicht mehr und all die bangen Stunden des Wartens, ob es denn klappen wird, mit der Begegnung sind vergessen. Allein für diese berührenden Szenen lohnt es sich die Dokumentation von Ayat Najafi und David Assmann zu sehen. Man vergißt die Schwächen, die der Film durchaus hat. So trägt die Erzählerin der Geschichte, Marlene, die Organisatorin und Ideengeberin für das Projekt leider nicht als Protagonistin. Man will ihr natürlich ihr großartiges Engagement nicht absprechen, nur nachempfindbar wird es auf der Leinwand kaum. Überhaupt wird es erst im Iran wirklich interessant, denn die Frauen, die dort vor die Kamera treten, scheinen von innen zu leuchten.
Narmila und ihre Mutter kicken auf der staubigen Straße hinter ihrem Haus. Beide von Kopf bis Fuß bedeckt. Narmilas Mutter hatte selber gespielt, bis ihr Mann es nach der Hochzeit verbot. Jetzt ist er tot, und Mutter und Tochter hoffen auf eine mögliche Karriere als Fußballerin für Narmila. Nilofaar muß während des Spiels auf der Bank sitzen. Eine Begründung gab es dafür von keiner Stelle. Aber vermutlich ist es den Sittenwächtern nicht entgangen, daß die charismatische Nationalspielerin sich nichts verbieten lassen will. Sie geht oft als Junge verkleidet, die Kappe tief im Gesicht, trainieren. Auch vor der Kamera trägt sie kein Kopfttuch. Sie spricht offen über die fehlende Gleichberechtigung in ihrem Land und eines der schönsten Bilder im Film zeigt sie allein auf ihrem Ball sitzend. Neben ihr kicken die Spieler einer Männermannschaft gerade ihre Bälle ins Tor.
Das Rückspiel in Berlin durfte übrigens nicht stattfinden, angeblich wegen "technischer Probleme." Es wäre das erste Spiel iranischer Frauen im Westen seit Chomeinis Kulturrevolution 1979 gewesen.
D 2008, 86 min
Verleih: Flying Moon
Genre: Dokumentation, Polit
Regie: Ayat Najafi, David Assmann
Kinostart: 01.05.08
[ Susanne Schulz ]