Wenn dein Vater sich nicht mehr an dich erinnert, hört er dann auf, dein Vater zu sein? Eine Woche nach einem scheinbar harmlosen Autounfall verliert ein Mann plötzlich sein Gedächtnis. Er weiß nicht mehr, daß er Richard Minnich heißt, daß er 45 Jahre ist. Er weiß nicht mehr, was in diesen 45 Jahren seines Lebens geschah. Er erkennt weder seine Schwester, noch seine Frau. Er erkennt die Kinder vor ihm nicht mehr als die seinen. Die Ärzte rätseln. Die Ärzte prophezeien: Das Gedächtnis würde nach und nach zurückkehren. Weil es das immer tue, weil es gar nicht anders ginge. Weil das der Lauf der Natur sei.
Doch die Natur spielt nicht mit, mit der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnis. Richard verharrt in seiner Totalamnesie. 45 Jahre seines Lebens sind und bleiben ausgelöscht. Und mit 45 Jahren wird dieser Richard neugeboren. Spielt mit den Kindern wie ein Kind. Lernt lesen, schreiben. Lernt leben. Und verschwindet irgendwann mit einer neuen Frau, einer neuen ersten Liebe in der Einsamkeit Oregons. Und Richards Sohn Rick stellt sich die Frage, wann ein Vater aufhört, ein Vater zu sein. Und er versucht, das Rätsel dieses völligen Verschwindens einer gelebten Biographie aus dem Gedächtnis, dem Körper, aus dem Bewußtsein eines Menschen, seines Vaters, zu ergründen. Was geschah da mit Richard? Ein Mysterium? Wahnsinn? Ein Betrug? Eine Weltflucht?
FORGETTING DAD ist eine Suche. Nach Erklärungen, nach Sinn. Ist der Versuch, einem Rätsel, das eine Familie zerfrißt, wenigstens die Ahnung einer Antwort abzuringen. Antworten nun wird es viele geben in FORGETTING DAD. Alle Befragten haben ihre Theorien. Die changieren zwischen transzendenten Höhenflügen und sehr diesseitigen Spekulationen ob eventueller krimineller Machenschaften oder pathologischer Persönlichkeitsstruktur seitens Richards. Der indes bleibt, was er seit jenem Unfall ist: ein Rätsel, ein Schemen, ein geheimnisvoller Fremder.
FORGETTING DAD ist ein Doku-Thriller. Eine Geschichte, die nach David Lynch riecht, die dunkle Tiefenschichten hat. Tiefenschichten, über denen ein scheinbar ganz gewöhnliches amerikanisches Mittelstandpersonal schwankt. Immer wenn er ins Zimmer kam, heißt es da an einer Stelle, sahen sie ihren Dad, aber es war nicht mehr ihr Dad. Von Dad war nur noch die Hülle da – aber was umschloß diese jetzt?
D 2008, 84 min
Verleih: W-film
Genre: Dokumentation
Regie: Rick Minnich, Matt Sweetwood
Kinostart: 10.06.10
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.