Ja, ist denn das Kino verrückt geworden? Wurde den Spaßvögeln um Regisseur Christopher Morris fahrlässig verschwiegen, daß die Islamisten auch unter unserer Amüsierkultur Sprengsätze vergraben haben, in deren Nähe man vorsichtshalber noch nicht einmal lachen sollte?! Das mag sich jener deutsche Bundestagsabgeordnete gedacht haben, der sich öffentlich mit Filmverbotsgedanken trug: auf daß nicht Öl ins Feuer gegossen werde. Kann man den Mann beruhigen? Leider nein. Denn was, wenn nicht Öl und Feuer, taugte besser zur satirischen Brandbeschleunigung? Und wo, wenn nicht im Kino, dürfte man der an Verrücktheit unübertroffenen Welt, wenigstens beim Lachen, schöner die Zähne zeigen?
Morris und seinem Sondereinsatzkommando ist gelungen, wovon staatliche Sicherheitsorgane träumen. Irgendwo in Mittelengland haben sie eine Terrorzelle ausgehoben, die der Rasterfahndung todsicher durch die Maschen gerutscht wäre. Omar, ein prima integrierter, jungenhafter Familienvater. Barry, ein Konvertit mit irischen Wurzeln, dem jeder Extremismus recht ist, wenn es nur kracht. Waj, der den Begriff „Einfalt“ mit neuem Leben füllt. Schließlich ein Kretin namens Faisal, der beim Wasserstoffperoxyd-Hamstern zur Tarnung seine feminine Seite durch den Bart schimmern läßt, oder so. Inspiriert von Märtyrervideos, Mad Max und Dschungelmärchen ziehen unsere Löwenherzen in den Dschihad – und stolpern über ihr kolossales Unvermögen.
Daß Morris und seine Autoren sich ihre Meriten in berüchtigten Comedy-Ungezogenheiten des britischen Fernsehens verdient haben, ist diesem finsterhumorigen Angriff auf den Mythos vom makellosen Tötungsautomaten deutlich anzusehen. Hier fliegen Fetzen – von Mikrowellen, einer Krähe, einem glücklosen Faisal und einem ahnungslosen Schaf. Hier knattern ein paar der kreativsten Schimpfkanonaden aus Schauspielermündern, in einem Englisch, das sich an den Straßenecken die Konsonanten abgestoßen hat.
Diese Geschichte läßt sich entlang ihrer Gags erzählen, unter Lachtränen. Doch wer genau hinhört, wird ein Pfeifen im Walde vernehmen. Wer gut hinschaut, wird die Überwachungskameras bemerken, und wie sie die Bildästhetik diktieren. Wer Lachen und Denken gleichzeitig beherrscht, wird auch eine Komödie über die Angst zu sehen bekommen. Und dann ist das Schaf nicht umsonst gestorben.
Originaltitel: FOUR LIONS
GB 2010, 97 min
FSK 16
Verleih: Capelight
Genre: Satire
Darsteller: Riz Ahmed, Arsher Ali, Nigel Lindsay, Kayvan Novak, Adeel Akhtar
Regie: Christopher Morris
Kinostart: 21.04.11
[ Sylvia Görke ]