Originaltitel: FRANTZ
D/F 2016, 113 min
FSK 12
Verleih: X Verleih
Genre: Drama
Darsteller: Paula Beer, Ernst Stötzner, Marie Gruber, Pierre Niney, Johann von Bülow
Regie: François Ozon
Kinostart: 29.09.16
Das Ozonloch ist eine Lüge! Seit 1998 ist von François Ozon nahezu jährlich ein neues Werk zu sehen. Und wenn es mal eine kleine Lücke geben sollte, kommen danach eben zwei. Nicht alle sind Treffer, doch allein in stilistischer Vielfalt macht Ozon in Europa kein Kollege etwas vor. Er ist ein Mutiger, ein vom Kino Besessener, ein Erzähler. Ein Seltener. Nun kommt FRANTZ, Ozons erste französisch-deutsche Koproduktion, mit einem französisch-deutschen Thema, französischen und deutschen Beteiligten, zweisprachig gedreht. Wechselweise deutsch oder französisch sieht er auch aus, dieser Film. Man könnte sagen: inhomogen.
1919 sind die Wunden des Ersten Weltkrieges längst nicht vernarbt. Hier nicht, dort nicht. Anna hat ihren Verlobten verloren, seine Eltern haben die junge Frau aufgenommen, damit etwas bleibt vom Sohn. Als in der kleinen Stadt „Franzmann“ Adrien auftaucht, täglich das Grab des Gefallenen besucht und schließlich verstört wie verschüchtert den Kontakt zu Anna und den Eltern wagt, kommt unaufhörlich eine Geschichte von Schuld und Trauer, Sühne und Vergebung, Glück im Unglück und Aufbruch in Gang. Eine Geschichte, die – wir ahnen es – an dieser Stelle nicht nacherzählt gehört, da sie Lügen und Wahrheiten als Wegweiser hat, die in die Irre führen sollen, manchmal aber zu früh zu erkennen sind. Einzelne Motive sind schon in anderen Ozon-Filmen zu finden.
Frantz und Adrien hatte der Wahnwitz des Schlachtens zusammengebracht. Jetzt ist es an den Überlebenden, etwas mit den Folgen zu machen, das ihnen hilft, aufrecht weiterzugehen, ganz gleich, wer etwas dagegen hat. „Haben Sie keine Angst, uns glücklich zu machen“, lautet ein starker Satz der Mutter an Adrien, bevor er anhebt, Geige zu spielen, so wie Frantz einst Geige spielte. Daß der Franzose zum Freund der Familie wird, geht etwas schnell.
Wegen FRANTZ wird Michael Hanekes DAS WEISSE BAND erneut bemüht werden. Indes, ersterer kommt in Kraft und Stimmigkeit an ihn nicht heran. François Ozon zieht die schwarzweiße Optik nicht stringent durch, sondern unterminiert sie durch farbige Tauchgänge. Noch schwieriger allerdings sind auffällige Klischees in der Zeichnung typisierender Charaktere, besonders an deutschen Stammtischen und in französischen Bistros, die indirekt die starken schauspielerischen Einzelleistungen – allen voran von Paula Beer – schwächen. Schade, weil unnötig.
[ Andreas Körner ]