Originaltitel: FREUD’S LAST SESSION
USA/GB/Irland 2023, 110 min
FSK 12
Verleih: X Verleih
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Anthony Hopkins, Matthew Goode, Liv Lisa Fries
Regie: Matt Brown
Kinostart: 19.12.24
Das Theaterstück „Freud’s Last Session“ von Mark St. Germain ist eine kleine Spekulation über eine Begegnung, die es nie gab, aber potentiell hätte geben können: nämlich die zwischen dem Psychoanalytiker Dr. Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis („Die Chroniken von Narnia“). Im Stück treffen der österreichische Jude und Atheist und der irische Apologet des Christentums in der Londoner Exilwohnung Freuds aufeinander. Es ist September 1939; die Deutschen sind in Polen einmarschiert, es herrscht Krieg in Europa, ganz England vibriert in Alarmbereitschaft. Und doch nimmt sich Mr. Lewis die Zeit, mit dem Zug von Oxford nach London/Hampstead zu fahren, um dort Dr. Freud einen Besuch abzustatten.
FREUD ist die Filmadaption eines Konversationsstücks der Weltanschauungen. Defekter Seelenapparat und christliche Seelenheilsehnsucht werden darin gegeneinander in Stellung gebracht für ein Geplänkel, das im Film unter der Regie Matt Browns von Sir Anthony Hopkins (Freud) und Matthew Goode (Lewis) mit viel ... nennen wir´s ... innerer Ruhe in Szene gesetzt ist.
Heißt: Richtig beseelt ist hier nichts und niemand. Gilt auch für den zweiten Erzählstrang um Freuds Tochter Anna, die die deutsche Schauspielerin Liv Lisa Fries wie eine brave Einser-Schülerin gibt. Anna darf sich aufopfernd Sorgen um den an Krebs erkrankten Vater machen, emanzipiert erste eigene Schritte als Psychoanalytikerin gehen und dabei vor allem deshalb viel durch London irren, weil allein zwei Herren im weltanschaulichen Disput wohl irgendwie doch nicht ausreichen für einen Kinofilm.
Der dann erwartungsgemäß noch mit dieser und jener Kindheits- und Jugenderinnerungsrückblende den Gesprächsfluß stocken läßt. Oder besser: zu illustrieren trachtet. Zeigend, welche biographischen Erlebnisse das Denken dieser zwei Männer prägte. Ein Denken, dem freilich eine kräftige Prise Trivialität beigemischt ist. So viel Ketzerei muß hier mal sein, wenn sich der Film, allzu brav, schon nicht dazu hinreißen ließ. Das Eröffnen tieferer Bedeutungsschichten schließt das selbstverständlich nicht aus. Und so wird vor allem der psychoanalytisch geschulte Blick in FREUD klar erkennen, was die imposanten Zeppelin-Sperrballone am Londoner Himmel oder Züge, die dampfend in Tunnel rauschen, in ihrem Symbolismus tatsächlich bedeuten und erzählen.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.