Originaltitel: LA PROMESSE DE L’AUBE
F 2017, 131 min
FSK 6
Verleih: Camino
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Pierre Niney, Jean-Pierre Darroussin
Regie: Eric Barbier
Kinostart: 07.02.19
Was für ein letzter Satz nach einem bewegten Leben: „Je me suis enfin exprimé entierement (Ich habe mich endlich vollständig ausgedrückt).“ Der ihn sprach, muß Schriftsteller gewesen sein, Poet, ein Wortarbeiter! Romain Gary, geborener Kazew, war es. Den Satz hinterließ er, bevor er 1980 zur Pistole griff und sich erschoß. Mit 66 Jahren … da hört das Leben manchmal auf. Als Autor von über 30 Romanen ist Gary in Frankreich bekannter als im Rest der Welt, auch mit seinen zahlreichen Pseudonymen, als Filmregisseur und Ehemann von Jean Seberg nicht minder. Zur Welt kam er 1914 in Wilna, was als symptomatisch für seine persönliche Entwicklung stehen sollte, denn Romain Gary als aschkenasischer Jude sollte so multikulturell und -national werden wie Wilna, heute längst Vilnius, selbst. Im Biopic FRÜHES VERSPRECHEN wird der Fokus jedoch verschoben, denn fußend auf Garys Autobiographie rückt die extrem starke Beziehung zwischen dominanter Mutter und bravem Sohn klar in den Vordergrund. Charlotte Gainsbourg und Pierre Niney sollen brillieren dürfen.
Nina Kazew ist eine Drohne. Den Männern hat die Ex-Schauspielerin abgeschworen, dafür will sie aus ihrem Romain ein besonders ordentliches Exemplar formen. Da ist sie stur, eisern, biestig, zu jeder Überdrehung fähig und über Jahrzehnte ausdauernd. „Es gibt drei Dinge“, sagt sie zu Gary, als er noch ein Bube ist, „für die es sich zu kämpfen lohnt: Frauen, Ehre und Frankreich. War es eines davon?“ Dem Ja des Kindes folgt das mütterliche Lob: „Du hast Dich gut geschlagen.“ Im wahrsten Sinne, denn es ging um eine 8jährige, für die Romain sogar einen Schuh verspeist. Seit Charlie Chaplin ist das im Kino nicht mehr passiert.
Während Nina nur grauer wird, bekommt Romain drei Darsteller. Die beiden reisen quer durch Europa, um sich in Nizza niederzulassen. Mutters Übergriff bleibt unerbittlich. Sie sieht in Romain wechselweise einen großen Diplomaten, großen Dichter, großen Liebhaber, einen großen Helden sowieso. Er wurde es auch, vor allem in ihren Augen. Sie schickt ihn auch schon mal vor, um Hitler zu töten, holt ihn aber kurz vor Abfahrt zurück. Wenn Nina noch erlebt hätte, was er sich 1980 angetan hat, sie hätte ihn verflucht.
FRÜHES VERSPRECHEN wird zum proppevollen Kaleidoskop mit permanenter Erzählstimme, vielen Andeutungen, kaum Furchen, dafür historischen Ornamenten. Am Ende: Schädelweh.
[ Andreas Körner ]