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Fuck For Forest

... oder die Frage: Können Hippie-Pornos die Welt retten?

Die Welt durch das Ideal der freien Liebe retten, diese Idee ist sicherlich nicht neu, aber was die Aktivistengruppe „Fuck For Forest“, die in dieser sehr unterhaltsamen Dokumentation porträtiert wird, aus diesem etwas angestaubten Ansatz macht, ist schon bemerkenswert. Die vier im Film porträtierten jungen Menschen filmen sich gern beim Liebesspiel und machen das Material für die Spende eines Mitgliedsbeitrags online zugänglich. Die Erlöse sollen zur Rettung des Regenwaldes eingesetzt werden. Die Basis der Truppe ist, wie könnte es anders sein, in Berlin zu finden, wo kommunenartige Wohngemeinschaften mit ausgeprägtem Geschlechtstrieb noch preiswert leben und ihre Message bei unzähligen Demos auf die Straße tragen können.

Erstaunlich, wie erfolgreich die Rekrutierungsmaßnahmen der FFF-Kerntruppe doch zu sein scheinen, immerhin zehn Prozent der auf den Straßen der Hauptstadt angesprochenen Menschen erklären sich laut Kommentarstimme bereit, mit erotischen Schnappschüssen oder Sex vor der Kamera zur Rettung des Ökosystems beizutragen. Und auch die Spendengelder sind beachtlich. Vielleicht ist die Welt also doch gar kein so schlechter Ort, wie der Durchschnittszyniker gemeinhin denkt, und Deutschland nicht ganz so prüde, wie es einem das öffentlich-rechtliche Vorabendprogramm glauben macht. Natürlich stoßen die dauerkopulierenden Waldretter nicht nur auf Gegenliebe, so werden sie etwa von der Demo Slutwalk vertrieben oder auch schon mal auf der Straße als Heuchler beschimpft.

Den ultimativen Reality Check erfährt die Gruppe allerdings auf ihrer Reise nach Brasilien, wo sie einem bedrohten Indio-Stamm zu helfen gedenkt. Doch die Indios wollen die Hilfe der seltsamen Hippies mit ihren Porno-Einnahmen nicht, sie wollen lieber Arbeit, um ihrer lebensbedrohlichen Armut zu entkommen und jagen die Vier samt ihrer freien Liebe aus dem Dorf. Soviel Feindseligkeit, wo sie doch nur helfen wollen, müssen auch die europäischen Freigeister erst einmal verdauen und verstreuen sich über ganz Südamerika. Am Ende kommen sie aber doch wieder zusammen, um sich neuen Zielen zu widmen, denn: The Fucking Must Go On.

Regisseur Michal Marczak gelingt eine intime Betrachtung eines interessanten Phänomens der westlichen Charity-Kultur, die trotz ihrer Nähe zu den Protagonisten genügend Abstand für eigene Meinungsbildung läßt.

Originaltitel: FUCK FOR FOREST

Polen/D 2012, 86 min
FSK 16
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation, Erotik

Stab:
Regie: Michal Marczak
Drehbuch: Michal Marczak

Kinostart: 13.06.13

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...