Wer den Reding-Brüdern einmal begegnet ist, der weiß, daß sie zwei Filmemacher der alten Schule sind: um jedes Bild, um jeden Satz wird gekämpft, jeder Tropfen Herzblut darf nicht umsonst geflossen sein, sie reisen ihrem Film hinterher, von Festivals zu Premieren, sie lassen sich unermüdlich von einem teils auch erschrockenen Publikum befragen, sie antworten nie in knappen Phrasen, sie werden auch schon mal verprügelt. So nach OI! WARNING, ihrem vielbeachteten Debüt.
Eine derartige Hartnäckigkeit, dieser fast verbissene Kampf um die Kunst - und bei den Reding-Brüdern geht es dabei auch immer um eine Geisteshaltung - braucht man in der Branche bitter nötig. Denn Pustekuchen, wer glaubt, daß der furiose Erstling alle Türen für den zweiten Film öffnete. Eher das Gegenteil war der Fall, und so dauerte es eben knapp acht Jahre und einen "Tatort", bis dieser zweite Kinofilm entstehen konnte. Was er gemein hat mit OI! WARNING ist der Effekt, daß man sich hinter fühlt, als sei einem in den Magen getreten worden. Was ihn definitiv unterscheidet: man muß eine weitaus größere Bereitschaft mitbringen, um sich auf einen in Form und Geschichte noch kantigeren Film einzulassen. Wer dazu bereit ist, wird entlohnt.
Bastian ist erpreßbar, weil er jemanden umgebracht hat, und es einen Zeugen gibt. Bastian muß weg, raus, die Bekanntschaft - aus der später Freundschaft wird - mit dem Steinmetz Festus bringt ihn auf die Idee, ebenfalls Geselle zu werden, ein Handwerk zu erlernen und den entbehrungsreichen Prozeß der "Walz" durchzuhalten. Unterwegs sein, drei Jahre und einen Tag. Doch irgendwann wird Festus darauf kommen, wer einst seinen besten Freund Schmiege hinterhältig tötete ...
Neben dem profunden Blick auf einen Jahrhunderte alten Berufsstand, tief in ein für die meisten von uns komplett verschlossenes, da beinahe vergessenes Milieu, das der Zimmermänner und Steinmetze, gelingt den Redings ein verstörendes Mosaik, das zwar kühn geschnitten, bisweilen auch sperrig montiert ist, aber durch seinen eigenwilligen Rhythmus stets fesselt, das irritiert durch einen fast märchenhaften Duktus, was auch bedeutet, daß Figuren sich über Selbstausgesprochenes herzig erschrecken. Die Gesellen haben eine andere Sprache, ihre Rituale, ihre Gesten, dieser Steppenwolf-Habitus fließen in ein kraftvolles, filmisches Gemisch, das zwar schwer verdaulich scheint, den Betrachter aber nachhaltig beschäftigen wird.
FÜR DEN UNBEKANNTEN HUND ist ein manchmal hingerotzter, in Zwischentönen dabei sehr sensibler Film, der in aller Rohheit und gerade wegen seiner ungeschliffenen Ruppigkeit den Zuschauer in keinem Moment unberührt läßt. "Zünftig" würden die Herren im schweren Kordstoff meinen ...
D 2006, 107 min
Verleih: Senator
Genre: Drama
Darsteller: Lukas Steltner, Sascha Reimann, Zarah Löwenthal
Stab:
Regie: Benjamin & Dominik Reding
Drehbuch: Benjamin & Dominik Reding
Kinostart: 06.12.07
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.