Man fragt sich schon, weshalb er das tut. Warum dreht Michael Haneke zehn Jahre nach FUNNY GAMES seinen nachhaltigsten, und wenn man das - angesichts des Themas - so lapidar sagen darf, seinen gelungensten Film schlicht noch einmal? Er fertigte eine US-Version, eine für den amerikanischen Markt gedachte, die eigentlich keine ist, denn derart psychologisch ausgelotete, derart direkte, bedrohliche Filme dreht man dort einfach nicht. Zumindest nicht mehr, nach dem Ende des New Hollywood vor vielen, vielen Jahren. Und man sieht sie dort auch nicht, weshalb FUNNY GAMES U.S. im Zielterritorium floppte.
Es ist ja nicht nur ein Remake, es ist die exakte Replik, Szene für Szene, Satz für Satz, Aktion und Reaktion - Haneke denkt also nicht neu über Gewalt, Amoral, Dummheit, Zynismus nach. Er käut wieder. Daher auch hier zu Beginn noch heiteres Klassikraten im Auto, eine Familie unterwegs zu ihrem Urlaubsidyll. 20 Filmminuten später angsterfüllte Gesichter in Großaufnahme. Zwei adrette Knaben machen Ann, George und ihrem Sohn das Leben zur Hölle. Nicht einmal 12 Stunden später wird die Familie tot sein.
Haneke, der einst im Interview sagte, daß er mit diesem Film zum einzigen Mal bewußt provozieren wollte, arbeitet mit dem Aufguß gewissermaßen an seiner Demontage, weil die frühere Aussage ungültig wird. Man kann nicht mit gleicher Sache zweimal provozieren, die gesellschaftliche Rezeption, das daraus resultierende Kulturverständnis verschieben sich ständig. Um nicht in die Irre zu führen: FUNNY GAMES ist ein brillanter Film, FUNNY GAMES U.S. bleibt es durch die Schablonenmethode auch, aber dennoch haftet dem Ganzen eine gewisse Sinnlosigkeit an.
Was eigentlich will denn Haneke? Er hat doch bereits den großen ungemütlichen Film gedreht, sollte - weil Gewalt allgemeingültig und logischerweise auch unabhängig von Zeit und Ort ist - denn nun auch Chabrol seine BIESTER noch mal als US-Star-gepowerte Coverversion auflegen? Was will er also, Haneke, der Intellektuelle, der Mahner des europäischen Kinos? Ist dies ein Experiment, will er sein ihm bisher wohlgesonnenes Publikum austesten - neues läßt sich wie erwiesen kaum hinzugewinnen, will er hartnäckig missionieren, will er zeigen, daß es außer Susanne Lothar und Ulrich Mühe mit Naomi Watts und Tim Roth noch zwei Schauspieler gibt, die uneitel genug sind, um diese Tour de Force durchzuexerzieren? Das wäre tatsächlich traurig, weil sich dann Hanekes Intelligenz in Frage stellen ließe.
Originaltitel: FUNNY GAMES U.S.
USA 2007, 112 min
Verleih: X Verleih
Genre: Drama, Psycho
Darsteller: Naomi Watts, Tim Roth, Michael Pitt
Regie: Michael Haneke
Kinostart: 29.05.08
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.