Originaltitel: GAUGUIN – VOYAGE DE HAITI

F 2017, 102 min
FSK 6
Verleih: StudioCanal

Genre: Biographie, Drama

Darsteller: Vincent Cassel, Tuheï Adams, Malik Zidi

Regie: Edouard Deluc

Kinostart: 02.11.17

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Gauguin

Für die Augen, nicht die Ohren!

Der Anfang ist ein Versprechen: Eine statische Totale zeigt das Meer, den Strand, das Licht der Morgendämmerung. Und man hört nichts als die Wellen und den leichten Wind, und das heißt ja, man wohnt hier, also im Kino, für ein paar kontemplative Momente der Ruhe, dem Frieden und der Schönheit bei, die in jenem Südseeparadies, das da zu sehen ist, einst auch der Maler Paul Gaugin zu finden hoffte.

Nach Tahiti nämlich trieb es den im Jahre 1891. Zum selbsterwählten Exil in Französisch-Polynesien, der Enklave abseits jener Moderne, die gerade auch in Frankreich in ihrer Mischung aus kapitalistischer Zielstrebigkeit und bürgerlich-christlicher Bigotterie wütete. Beidem suchte Gauguin zu entkommen, hin in die Verwirklichung eines Lebensideals Rousseauscher Natürlichkeit, die freilich nur eine Projektion und Kopfgeburt dieser Moderne war. Und ist.

Was ein thematischer Aspekt hätte sein können in Edouard Delucs GAUGUIN. Einem Film, der dem Maler nach Tahiti folgt und ihn dabei beobachtet, wie er dort Hoffnungen, Illusionen und eine große Liebe verliert. Und dem am Ende im Grunde nichts bleibt als das Bewußtsein seiner künstlerischen Begabung. Keinen Frieden, keine Ruhe, kein Paradies findend, aber sich geradezu schon trotzig den Blick bewahrend für eine Schönheit und Wirklichkeit, die sein Werk bis heute auszustrahlen vermag.

Es hätte also einiges verhandelt werden können in diesem Film, der sich dann aber – darin ähnlich dem anderen aktuell laufenden biographischen Kinostück DJANGO – auf ein allzu konventionelles Erzählen kapriziert. Was das heißt, kann man bestens festmachen an dem oben erwähnten Versprechen und der Art, wie es nicht gehalten wird. Weil nämlich die Möglichkeit eines Kinos des ruhigen, geduldigen Hinschauens, das sich ja gerade bei diesem Sujet anbieten würde, auch hier aufgegeben wird zugunsten eines routinierten Darüberwegblickens im Namen illustrativer Exotik. So wie auch die Stille schnell einer musikalischen Daueruntermalung weicht, die daher tönend immer auf das verweist, was man sehen und beim Sehen empfinden soll.

Der Witz ist: Genau dafür würde ein Gauguin den Verantwortlichen wutrasend an die Gurgel springen, und daß genau das Vincent Cassel in seiner vitalen, präsenten Darstellung des Malers begreifbar werden läßt, ist nun wiederum ein Argument für diesen Film. Ja, so schön paradox kann Kino dann auch sein.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.