Originaltitel: GAZA MON AMOUR
F/Palästina/D/Portugal/Katar 2020, 88 min
FSK 12
Verleih: Alamode
Genre: Tragikomödie, Poesie
Darsteller: Salim Dau, Hiam Abbass, Maisa Abd Elhali, Ibrahim Altoubat
Regie: Arab Nasser, Tarzan Nasser
Kinostart: 22.07.21
Issa, 60jähriger Junggeselle, scheint ein bißchen zu stolz, daß er „der Vater von niemandem“ ist und gerne in der Küche tanzt, während er sich Fische brutzelt. Nun hat er sich verliebt. Es ist die introvertierte Witwe Siham, die sein Herz eroberte. Einen scheuen Blick auf sie zu erhaschen, versüßt die tägliche Routine. In der Nacht fährt Issa mit seinem Boot hinaus, um am nächsten Tag den Fang am Markstand zu verkaufen. Siham arbeitet dort ebenfalls als Schneiderin.
Die Geschäfte laufen bei beiden schlecht, und auch wenn die Brüder Tarzan und Arab Nasser in ihrer Geschichte vordergründig die Anbahnung einer leisen, späten Liebe erzählen, so ist der wesentliche Handlungsstrang von alltäglichen Beobachtungen im Gazastreifen bestimmt, geprägt von den zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen Problemen, die die Besatzung, aber auch die repressive Regierung der Hamas mit sich bringen. So fischt Issa seit Jahren ohne Lizenz und muß immer aufpassen, nicht versehentlich die vorgeschriebene Zone zu verlassen und in israelische Gewässer zu geraten. Ständig gibt es Stromausfälle, die Transportwege sind beschwerlich, und die Jüngeren versuchen, mit Schleppern ins Ausland und damit in die Freiheit zu gelangen.
Das Regieduo will aber mit Issa vor allem einen ganz normalen Mann zeigen, der im politischen Chaos versucht, sein einfaches Leben zu führen. Als Issa seiner Schwester verkündet, daß er heiraten wolle und nachts statt Fischen eine schwere Statue aus dem Meer zieht, kommt die Wendung. Denn bald stehen nicht nur heiratswillige Kandidatinnen in seinem Wohnzimmer, sondern auch die Sittenpolizei. Die Neuigkeit, daß Issa einen abgefallenen Teil seines Fundes veräußern wollte, hatte die Runde gemacht. Kein Wunder, handelte es sich dabei doch um den Penis von Apollo ...
Mit leichter Hand und schwarzem Humor verweben die Gebrüder Nasser die Verwicklungen, in die Issa gerät, Sex ist dabei immer noch ein Tabu, und der abgebrochene Penis von Gaza taugt zur Metapher für die unterdrückten Phantasien seiner Bewohner. Es wurde übrigens wirklich 2014 eine Apollo-Statue im Meer gefunden und von der Hamas beschlagnahmt, von der niemand weiß, was aus ihr geworden ist. Und auch in diesem Film wird das ein Geheimnis bleiben. Und mit der Liebe, ach, sehen Sie selbst!
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...