Originaltitel: THREE MILE RIDERS

D 2015, 87 min
FSK 0
Verleih: Farbfilm

Genre: Dokumentation, Polit

Stab:
Regie: Philipp Gnadt
Drehbuch: Philipp Gnadt

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Gaza Surf Club

Protest mit Brett

Es trifft heutzutage unglücklicherweise auf manche Region der Welt zu, unter anderem eben den Gazastreifen: Man bringt ihn spontan mit Krieg und Besatzung in Verbindung. Dem trägt die vorliegende Doku sofort zu Beginn Rechnung, zeigt ein gleichermaßen buntes wie erschreckendes Nachrichten-Potpourri, reist direkt hinein in eine grundsätzlich atemberaubende Küstenregion. Darin: ein Hafen ohne Schiffe, ein Flughafen ohne Flugverkehr. Nahezu totale Abriegelung.

Letztere beschränkt natürlich vor allem jüngere Bewohner, einigen von ihnen werden wir nun folgen, sie dabei beobachten, wie sie ihre ganz individuelle Form des Protestes leben – und zwar mittels Surfbrett. Normalität demonstrieren trotz drohender (und bereits verbüßter) Gefängnisstrafen, zerstörter Träume. Währenddessen ringt die Kamera den Bildern zusammengefallener Ruinen eine vage, seltsame Schönheit ab, man ahnt, was einst möglich war.

Parallel dazu dann das, was unverändert nicht möglich ist, beispielsweise Wassersport betreibende Mädchen. Ein besonders glückliches Exemplar indes hat den Vater unterstützend hinter sich, ein anderer setzt deutlich differierende Prioritäten und informiert uns darüber, daß ein Kind ersetzbar sei – sein Board hingegen nicht. Derweil vertreiben Öltanker die Fische, rauben so Lebensgrundlagen. Ibrahim liebäugelt darum mit einem eigenen Laden in den USA, muß jedoch vorher ein Praktikum absolvieren und wartet bereits ewig auf ein Visum.

All jene präsentierten Stücke mögen sich indes nicht recht mineinander verbinden, sie stehen – ob mehrfach aufgegriffen oder singulär bleibend – getrennt, brav aufgereiht, und am Ende stellen sie die Frage, wohin die filmische Reise eigentlich einst gehen wollte: hin zum Politikum? Sollten Einzelschicksale uns berühren? Hat man den eingangs so wichtig genommenen persönlichen Widerstand einfach aus den Augen verloren? Oder dreht es sich – eher simpel – um die Liebe zum Surfen? Dafür spricht, neben entsprechenden, gern auch per Zeitlupe noch spektakulärer gepushten Aufnahmen, wie sehr Ibrahim & Co. brennen, für gute Wellen rückt sogar der Dienst im Krankenhaus ans Ende der Wichtigkeitsliste. Unkommentiert, klar. Der Zuschauer darf zumindest selbst entscheiden, was er darüber denken möchte.

Letztlich verwässert das Ansinnen, finsterer Realität einen hoffnungsvollen Magenschlag zu verpassen, irgendwo in bemühter Vielschichtigkeit. Was den Film einiges an Langzeitwirkung kostet.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...