Originaltitel: GENIUS

GB/USA 2016, 104 min
FSK 6
Verleih: Wild Bunch

Genre: Drama, Poesie

Darsteller: Colin Firth, Jude Law, Nicole Kidman, Laura Linney, Guy Pierce, Dominic West

Regie: Michael Grandage

Kinostart: 11.08.16

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Genius

Wortreich glücklich

Jeder, der sich schon mal so weit herausgelehnt hat, einen Roman zu schreiben, hätte sich über diese nachdenklichen Worte seines Lektors wohl gefreut: „Machen wir die Bücher wirklich besser, oder machen wir sie nur anders?“ Max Perkins gestattet sich solche Gedanken spät. Immerhin, nicht zu spät. Er hat schließlich Ernest Hemingway entdeckt, mit den Ergüssen F. Scott Fitzgeralds gerungen und ist nun auf dem besten Wege, es auch mit einem jungen, bevorzugt windigen Autor zu schaffen. Dieser heißt Thomas Wolfe. Beiden war es gelungen, Wolfes Wälzer „Schau heimwärts, Engel“ unter Zwang hier und Schmerzen da von 1000 auf 700 Seiten einzudampfen. Der Erfolg auf dem Literaturmarkt am Ende der depressiven amerikanischen 1920er war immens.

GENIUS (es gibt wieder guten Grund, sich der Nennung des deutschen Beititels zu verweigern) ist kein Film über gedruckte Worte und am Ende doch. Regisseur Michael Grandage, der bislang ausschließlich auf Theaterbühnen inszenierte, macht aus dem dankbaren Stoff eine zunächst amüsante, sich locker wegsehende Melange aus Echt-Personen-Biographie, Zeitblende, Männer-in-Beziehungen-Stück und Ode an die Literatur. Dann aber macht er einen entscheidenden Fehler, verwässert den feurigen wie frotzelnden, spannenden wie reizbaren Grundton mit zu vielen im Grunde lapidaren Seitensträngen und -figuren (Frauen!), die weder die Handlung noch den Unterhaltungswert entscheidend zu steigern vermögen.

Was zwischen Jude Law (Thomas Wolfe) und Colin Firth (Max Perkins) läuft, ist von bester schauspielerischer Güte und wäre im Grunde genug für eine ganze Lauflänge. Da ist alles drin: Flippigkeit und Exaltiertheit des Jungen, der sein Gegenüber anfangs regelrecht mit sich infiziert, zumindest aber niederrennt, sympathische Verschrobenheit des Lektors, der den Jungen zu bremsen weiß, ohne sich selbst dabei auf der Strecke zu lassen. Denn aus den Holzkisten mit über 5000 von Hand beschriebenen Seiten Manuskript haben beide am Ende eine lesbare Edition zu erschaffen, die als „Von Zeit und Strom“ in die globale Büchergeschichte eingehen darf.

Thomas wird für Max zum Sohn, den er nie hatte, wie dessen Frau bemerkt. Sie ringen miteinander, lieben und hassen den anderen für sein Kontra, entfernen sich in Welten, finden sich nur in der Literatur auf Anhieb. Wer hier GENIUS ist, darf individuell entschieden werden. Auch eine Qualität!

[ Andreas Körner ]