Originaltitel: GETT – LE PROCÈS DE VIVIANE AMSALEM

Israel/F/D 2014, 116 min
FSK 0
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama

Darsteller: Menashe Noy, Ronit Elkabetz

Regie: Shlomi Elkabetz, Ronit Elkabetz

Kinostart: 15.01.15

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Get – Der Prozeß der Viviane Amsalem

Gerichtsdrama der besonderen Art

Der Get, der Scheidungsbrief, ist es, worum sich hier alles dreht. Ein Papier, rituell gefaltet und ebenso aus den Händen des Ehemanns in die der Ehefrau gelegt, die in jenem Moment, in dem sie wiederum ihre Hände um dieses Schriftstück schließt, eine geschiedene Frau ist. Etwas also, daß zumal in westlichen Ländern weder juristisch noch moralisch ein wirklich großes Problem mehr darstellt.

Gottlob, wie man hinzufügen möchte. Gerade mit Blick auf Shlomi und Ronit Elkabetz’ Film. Ein Film, in dem die Titelheldin raus will aus einer Ehe, die sie unglücklich macht, in der sie zu zerbrechen droht. Das Problem: Viviane lebt als durchaus gläubige Jüdin in Israel, wo es bis heute keine zivilrechtliche Eheschließung gibt. Ehe ist eine religiöse Angelegenheit, eine Sache zwischen Mann und Frau vor Gott. Und will eine Frau (oder ein Mann) raus aus „dieser Sache“, gilt es, vor einem Rabbinats-Gericht entsprechende Gründe anzubringen, die die Übergabe des Get ermöglichen.

Zu welcher seelischen Tortur das nun werden kann, wenn, wie im konkreten Fall, der Mann schlichtweg die Scheidung verweigert, zeigt GET als einen Gerichtsfilm der besonderen Art. Mit einer Vorspannmusik, die wie eine Hommage an George Delerue, also schwer dramatisch, klingt, und mit einer Geschichte, die nüchterner kaum erzählt werden kann. Ohne Musik, in langen Szenen intensiver Dialoge.

Schmucklos der Gerichtsraum, statisch die Kamera. Aber von abgefilmtem Theater ist das weit entfernt. So spröde die Einstellungen und Schnittfolgen scheinen, sind sie doch ausgesprochen kunstvoll. Immer wieder wird direkt in die Kamera gesprochen, immer wieder fokussiert die Blickachse dabei in der Raumtiefe jene Personen, über die gerade Zeugnis abgelegt wird. Die still pochende Intensität, die das auslöst, ist verblüffend: Mitunter ist es, als ob man als Zuschauer selbst in den Zeugenstand berufen ist.

„Ich steh’ nicht vor Gericht“, empört sich einmal Vivianes Anwalt. „Jeder steht vor Gericht“, antwortet der Rabbi. Ganz, als würde grad’ Kafka den Text soufflieren. Und in der Tat mag einem der hier geschilderte, sich über Jahre hinziehende Prozeß (!) geradezu kafkaesk vorkommen. Zur liberalen Herablassung bietet das indes keinen Grund. Erzählt doch bei aller kritischen Distanz und Intention dieser Film differenziert genug, um auch eigene „aufgeklärte“ Weltbilder in Frage zu stellen.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.